Led Zeppelin :: The Song Remains The Same

Rock: Neu gesehen, neu bewertet: Led Zeps teures Homemovie.

Als Led Zeppelins erster und auch einziger offizieller Konzertfilm The song remains the same 1976 endlich Kinopremiere feierte, standen die Zeichen der Zeit extrem ungünstig. Zum einen reckte in Londoner und New Yorker Clubs jene Bewegung ihr aufmüpfiges Haupt, die gegen den etablierten Rock-Hochadel unverfroren vorgehen wollte. Zumindest theoretisch sollten Köpfe rollen. Zum anderen entsprach das fertige Produkt nicht gerade dem Niveau, wie es das multimillionenschwere Quartett bei Drehbeginn eigentlich im Sinn gehabt hatte. Mehr als drei Jahre dauerte es, um das Projekt in trockene Tücher zu bringen. In dieser relativ langen Phase tauschte der um unpopuläre Entscheidungen nie verlegene Led-Zep-Manager Peter Grant im Zorn nicht nur den ursprünglichen Regisseur Joe Massot gegen Peter Clifton aus, es mussten auch diverse Szenen nachgedreht werden. Schlicht, weil das Konzert-Material, das 1973 an drei aufeinanderfolgenden Tagen im New Yorker Madison Square Garden simultan von mehreren Kameras aufgezeichnet worden war, unbegreiflicherweise derbe Lücken enthielt – kein einziger Song war auf Film vollständig im Kasten. Also versuchte die Band, aus der Not eine Tugend zu machen: Selbst erdachte Fantasy-Sequenzen von jedem Bandmitglied sollten vorhandene Löcher stopfen, Jimmy Page etwa präsentierte sich als Mystiker in seinem schottischen Haus,Okkultist Aleister Crowleys ehemalige Bleibe Boleskine House, wo er zum psychedelischen „Dazed And Confused“ rapide altert. Robert Plant bot Impressionen von König Arthur auf Raglan Castle zu den Klängen von „The Rain Song“. Auch nicht völlig ironiefrei: John Paul Jones in der Doppelrolle als maskierter Schurke und treusorgender Familienvater, unterlegt mit „No Quarter“. Ausgerechnet der Oberbösewicht im wahren Zep-Leben,John Bonham, präsentiert sich während seines obligatorischen Schlagzeugsolos „Moby Dick“ lediglich als harmloser Farmer und Autonarr Werden Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Die für ihre Großspungkeit ohnehin berüchtigte Formation erntete gerade für jene Szenen jede Menge Harne. Zumal auch die opulenten Konzert-Mitschnitte und Backstage-Eindrücke nicht unbedingt lippensynchron im hemdsärmeligen Endprodukt rüberkamen,das Manager Grant sarkastisch „als teuerstes Homemovie“ und Plant“a/s einen Haufen Mist“abkanzelten. Unter Jimmy Pages Ägide wird in der Komplett-Renovierung nun einiges wieder gerade gerückt. Die gröbsten Patzer wurden eliminiert, einige Szenen neu geschnitten und mit Unveröffentlichtem aus den Archiven aufgefüllt. Auf zwei DVDs verteilt, besticht die Neuauflage aber auch durch eine komplett neue Abmischung im lupenreinen 5.0 Dolby Surround Sound. Das macht The song remains the same zwar nicht zum besseren Artefakt. Doch mit dem Abstand von über 30 Jahren relativiert sich so manches.