Lee Ranaldo

Electric Trim

Mute/Rough Trade (VÖ: 15.9.)

Der Ex-Sonic-Youth-Gitarrist verziert seinen Indie-Rock mit ­allerhand Seltsamkeiten.

1994 erschien mit NO QUARTER ein Album von Jimmy Page und Robert Plant, auf dem sich die beiden Led-Zeppelin-Legenden ziemlich unverhohlen an nordafrikanischer Musik vergriffen. Wir sollten uns beim Hören der Songs wie auf einem Markt in Marrakesch fühlen: Mitte der Neunzigerjahre, das war, wie wir heute wissen, eine Zeit der Unschuld. 2017 ist alles anders, doch was macht Lee Ranaldo, der Obersympath von Sonic Youth? Beginnt sein Album mit „Morrocan Mountains“: arabische Instrumente und irre Tempowechsel, als hätten der Basar und seine Substanzen jeden Sinn fürs Timing zerstört. Man ist ein wenig verwirrt, und Ranaldo legt mit „Uncle Skeleton“ noch einen drauf, setzt auf einen Sprechgesang, der an Meta-New-Waver wie Buggles, Flash & The Pan oder Wall Of Voodoo erinnert.

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Auch der Sound ist ulkig: Die Gitarren krachen ordentlich, darunter liegt Synthie-Pop, gegen Ende erklingen Tablas und ein Chor wie aus einem Morricone-Soundtrack setzt ein. Seltsam berührt hört man den Song noch mal, beim dritten Durchlauf siegt die Begeisterung. Nicht alle Songs von ELECTRIC TRIM besitzen diese seltsame Magie, gelungen sind sie alle: das Duett mit Sharon van Etten („Last Looks“), der Titeltrack, bei dessen Elektro-Pop-Mittelteil Ranaldos Gesang plötzlich dem von Neil Young ähnelt, und auch das Finale „New Thing“, das im Laufe der knapp sieben Minuten gleich mehrere Stücke in einem bietet.