Let It Blurt: The Life And Times Of Lester Bangs :: Von Jim DeRogatis

BLOOMSBURV PUBL PLC. 332 S., ENGL, 9 ENGL PFUND

Wer Lou Reeds Lärminferno“Metal Machine Music“ als bestes Album aller Zeiten tituliert, mussein besonderer Mensch sein.An Rockkritiker Lester Bangs mögen sich zwar schon immer die Geister geschieden haben, eine der interessantesten Persönlichkeiten im Rock’n’Roll-Business war und ist er allemal. Als Aushängeschild des legendären US-Undergroundmagazins Creem sowie als Mitarbeiter des Rolling Stone, New Musical Express und diverser anderer Magazine und Zeitungen definierte er in den 7oer-Jahren den Musikjournalismus neu. Mit respektlosen Verrissen von Common

Sense-Platten wie MC 5’s „Kick Out The Jams“ stellte er das Genre auf den Kopf und ließ keinen Zweifel daran, was er von einer guten Rock’n’Roll-Scheibe (und vom Leben überhaupt) erwartete: Intensität ohne jedes Kalkül. Sein Leben kreiste um Maniacs wie Miles Davis, Lou Reed, Patti Smith, Jack Kerouac, Charles Bukowski, Iggy Pop, Richard Hell und Captain Beefheart. stapelweise Vinylscheiben in versifften Wohnungen, Beziehungschaos, wackelige Gehversuche als Musiker sowie ein handfestes Drogen- und Alkoholproblem, und endete im Alter von nur 33 Jahren auf mysteriöse Weise in stilechter Rock’n’Roll-Manier auf dem heimischen Canape. Jim DeRogatis hat seinem Idol mit LET IT BLURT ein liebevoll-schnoddriges Denkmal gesetzt und erzählt dabei auch ein Stück weit die Geschichte des Rock-Journalismus. Wer davon profitieren will, sollte allerdings neben sehr guten (Slang-)Englischkenntnissen auch etwas Einblick in die Materie haben, um zwischen den Zeilen lesen zu können und die vielen Andeutungen richtig einzuordnen. Abgesehen vom Informationsgehalt ist LET IT BLURT jedoch vor allem eines: das Porträt des hoffnungslosen Romantikers Lester Bangs, der in seiner unheilbaren Sehnsucht nach Intensität stets an seine eigenen und die Grenzen anderer geht. Ein kleiner Lichtblick für alle, die schleimige political correctness und pseudoliberale „anything goes“-Attitüde zur Verzweiflung treibt.