Letzte Meldungen von Charles Bukowski
Würde nach Charles Bukowski, dem 1994 verstorbenen, einst „meistgeklauten Autor der USA“ (in beiderlei Sinne), dem ironischmelancholischen Chronisten der Gauner, Säufer, Penner und Huren im Zeitalter der Poetry-Slam-Leistungswettbewerbe und Pop-Model-Schriftsteller noch ein Zapfhahn krähen, wenn nicht immer mal wieder neu, anders, irgendwie eine Auswahl aus seinem gewaltigen Nachlass erschiene, zum propädeutischen Heranführen an die Wissenschaft der heiteren Selbstzerstörung sozusagen? Dieser neue Band mit 119 Gedichten, die im Grunde (wie Jörg Fauser feststellte)“komprimierte Kurzgeschichten“ sind, fasst zwei Bücher zusammen, von denen eines schon mal auf Deutsch erschienen ist (2000 bei Maro, dem eigentlichen Bukowski-Importeur); allerdings übernahm Übersetzer und Bukowski-Kumpel Carl Weissner nicht alle Gedichte der Originalausgaben, sondern orientierte sich an des Verfassers eigenen Kriterien: Der hielt „höchstens 5O Prozent seiner Gedichte für gelungen“. Die Texte sind nur zu einem kleinen Teil datiert, aber der spürbare Überhang der schweren Melancholie, die Bukowskis Spätwerk auszeichnet, lässt ahnen, dass ein Großteil davon erst ab Ende der 80er entstand. Bisweilen schwankt der Autor, zu dem viele ja vor allem deshalb Zugang fanden, weil sie sich beim ersten Lesen unter den Tisch lachten, in ein Pathos der Resignation hinein, das nicht unbedingt gut gealtert ist, das aber Bukowskis nüchterner(!) Stil und der immer wieder aufblitzende Witz aufhebt. In dem abschließenden „schlampigen Essay über das Schreiben und das verfluchte Leben“ von 1966 erklärt er selbst, warum es sich gerade in Zeiten der entfesselten Leistungsreligion lohnt, ihn zu lesen:
„Ich verstand nicht, wie einer den ganzen Tag Autoreifen wechseln oder einen Speiseeiswagen durch die Gegend schieben oder für den Kongreß kandidieren oder einem anderen -als Arzt oder Mörder-den Bauch aufschlitzen konnte. Das ging mir völlig ab. Ich wollte mich nicht darauf einlassen und Will es bis heute nicht, jeder Tag, um den ich dieses Leben und dieses System bescheißen konnte, war für mich ein Sieg.“ Gleichzeitig erscheint eine CD mit Bukowskis einziger Lesung in Deutschland (am 18. Mai 1978 in Hamburg, mit vollem Kühlschrank auf der Bühne). >» www.bukowski.net
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