Grizzly Bear in der Essigfabrik, Köln


Bei den vier Brooklynern schmiegen sich Erhabenheit und Langeweile ineinander zu einem Flechtzopf aus Future-Folk und Vertracktheit.

In einer „Simpsons“-Episode ist ein Kurt-Cobain-artiger Homer in Rückblenden auf die 90er-Jahre Kopf der Grungeband „Sadgasm“. Der Witz von Sadgasm liegt in ihrem immer gleichen Nirvana-Tribute-Style, der von Song zu Song kaum variiert wird, eine wunderbare Parodie. Grizzly Bears Sound hat gewiss nichts mit dem von Sadgasm gemein, ihre Wirkung ist überraschend ähnlich, dazu gleich mehr. Im Vorprogramm spielen Villagers ein wirklich gelungenes Konzert, sie sind freundlich und ihre Songs angenehm unironisch, manchmal dicht an der Grenze zum Pathos, aber sie kriegen immer rechtzeitig die Kurve. Dann, vor einer tollen Laternen- und Lichtkulisse: die Grizzler. Es wird derzeit nicht wenig über Ed, Dan, Chris und Chris geschrieben, die vier genialischen Superkünstler, wie sie in Brooklyn sitzen und sich gegenseitig zu ästhetischen Höchstleistungen anstacheln und ihre Persönlichkeiten in das große Ganze „Grizzly Bear“ auflösen. Aber häufig wird die ganze schöne Genialität und Fähigkeit zur Song-Abstraktion zum bremsenden Selbstzweck, ein wenig wie bei Radiohead. Die vier Alben der Band, die alle in der Setlist des Abends vertreten sind, haben diese sehr eigene Mischung aus Momenten atemberaubender Schönheit und hüftsteifer Über-Cleverness – und genau so fühlt es sich auch live an. Dabei sind es gerade die Momente, wo Grizzly Bear für ihre Verhältnisse eindeutig, fast schon plakativ sind und ihre Qualitäten in eine gewisse Klarheit und Leichtigkeit kanalisieren, die als Höhepunkte herausragen, beispielsweise in „Two Weeks“ oder dem vertrackten „Half Gate“ im letzten Drittel der Show. Große Teile des weiteren Programms führen mich jedoch zu meiner Sadgasm-Assoziation: eine Band, die ihren Sound als festes Prinzip nur marginal variiert. Elegante Beach-Boys-Harmoniegesänge und The-Zombies-Melodien verlaufen sich im Sande von ausgetüfteltem Song-Design und werden dort auf eine seltsame Weise beliebig und gewollt zugleich. Eine wirkliche Dringlichkeit, etwas Zwingendes, Aufregendes oder Emotionales kommt nur selten auf. Die meiste Zeit verweilt die Band auf einem ähnlichen Level, perfekt, erhaben, statisch. Für Grizzly-Fans natürlich herrlich, zumal dieses Level ja nun doch sehr hoch ist.