Liedermacher

Hanns Christian Müller heißt der Mann, der als Regisseur des Polt-Streifens „Kehraus“, Schreiber von Hildebrandt-Sketchen und Produzent der „Biermösl Blosn“ für neue Töne der satirischen Art sorgte. Mit UNS KO NIX MEHR PASSIERN (Mood Records/2001) beweist er nun, daß er seine Musikantenherkunft nicht vergessen hat.

Die LP weist Müller als Rock ’n‘ Roller mit kräftiger Blues-Ader, als vielseitigen Musiker und ideenreichen Texter aus. Nicht neu, aber neuartig die Beschreibung von Rock ’n‘ Roll-Sauriern, stilecht mit rollendem R der „Bunker-Reggae“. eindrucksvoll das Titelstück mit der Litanei der Gutgläubigen, und zum Thema Berlin fiel Müller sogar ein neuer Blickwinkel ein: Freiheit ist, wenn man nach der Geschwindigkeitskontrolle in der DDR auf dem Kudamm steckenbleibt.

Wichtigstes Thema der LP sind Frust und modische Öde jugendlicher Tagesabläufe. Wer’s positiv haben will, höre „A Guater Tag“, wer Peter Green, Hammondorgeln und Gänsehaut schätz, lieber „Nix B sonders“. (3)

Tyrannei, Gängelei, Naziterror, Kriegsgefahr, das sind Themen, die zu ernst für Jux nach Noten sind. Denen, die ihn als zu politisch einstufen, antwortet Dick Gaughan. Er singe A DIFFERENT KIND OF LOVE SONG. Und dem sollte man auf der neuen LP des Schotten in Rühe zuhören (FolkFreak/Pläne). Einfach sein Gestus, prägnant die Stimme, sparsam die musikalische Begleitung. Der Mann überzeugt.

Neben den deutschen Übersetzungen bietet das Album auch ein stimulierendes Cover von Gertrude Degenhardt (deren Kunst man auf den letzten Arbeiten von Franz Josef Degenhardt, warum eigentlich, vermißte). (5)

Nach seinen gesammelten Filmmusiken hilft Kostantin Wecker, nun, INWENDIG WARM (Polydor) zu werden. Auch wenn seine Plattenfirma orakelt: „der unfreiwillige Guru der Generation, die mit den Füßen noch im Nachkriegs-Erziehungskampf steckt, doch mit dem Kopf die wärmenden Strahlen der Befreiung spürt.“

Der Münchner ist besser als seine Interpretatoren. Auffällig ist seine Konzentration auf den eigenen Innenzustand, der endlich wieder zum ungestümen Twen von einst drängt: die Dauergeliebte „Anna“(rchie) wird rockig besungen, „Renn lieber, renn“ jenen empfohlen, die nicht dem strammen Mannsbild entsprechen, und sich selber empfiehlt er eine Auszeit.

Kurios Weckers Variante von Jacques Breis Lied vom Star „Joe“, der sich in die Anfangszeit zurücksehnt. Weckers akkordisches Klavier paßt zu Brei ebenso wenig wie Werner Schneyders deutscher Text zu Wecker. Nun ja.

Mit Songs wie „Einen braucht der Mensch zum Treten“, dem grandios-ironischen „Anneliese“, mit der er in’s Blaue fährt, um die letzten Menschen anzusehen, und dem an den früheren „Willy“ erinnernden „Mei was is bloß aus mir wordn“ bleibt Wecker, wie er’s gern nennt, „wesentlich“. Knapp: (5)

Schließlich noch ein Hinweis: Von der LP GREENPEACE (Mercury) gehen je drei Mark an die Umweltschutzorganisation. Das anvisierte Schiff wurde inzwischen gekauft, doch der Biologe, der darauf arbeiten soll, muß auch leben… Mit Wekker, Danzer, Hirsch, Wader und Ina Deter sind auch die Liedermacher gut vertreten.