Little Feat – Time Loves A Hero

Es war nicht anders zu erwarten: die größte kleine Band der Welt hat wieder einmal ein Album von exemplarischer Qualität herausgebracht. Ted Templeman, der schon beim Feat-Klassiker „Sailin‘ Shoes“ Regie geführt hatte, saß dieses Mal im Produzentenstuhl, und ist somit für den brillanten, durchsichtigen Klang der Platte verantwortlich. Aber die brillante, vielschichtige Musik, die haben natürlich die Herren George, Barrere, Payne, Heyward, Gradney und Clayton gemacht.

Von oben angefangen gibt’s da zunächst einen Rest vom letzten Album, betitelt „Hi Roller“, ein Paul-Barrere-Song, von Lowell George unnachahmlich gesungen. Die Tower of Power-Horn Section würzt effektvoll den trotz der komplex strukturierten Rhythmusbasis kraftvoll rockenden Song. Bill Paynes und Paul Barreres „Time Loves A Hero“ ist einer der beiden spontan eingängigsten Titel der Platte, ein wogender Rocker mit karibischem Aroma. Die einzige (!) Lowell-George-Komposition, „Rocket In My Pocket“, zeigt Lowell von der aggressiven Seite, denn „Music was hot, but my baby was not“, und so läßt er Frustration und Ärger vollen Lauf. Der Instrumentaltitel „Day At The Dog Races“ beschließt die erste Plattenseite, und hier demonstrieren Little Feat mit Leichtigkeit, wie man Abstecher in die Gefilde des Jazz macht, ohne den soliden Boden des Rock’n‘ Roll zu verlassen.

Die erste Seite allein ist bereits den Erwerb dieser Platte wert, und dabei bekommt man als Bonus noch eine zweite Seite, die der ersten in nichts nachsteht. Barreres stampfender „Old Folks Boogie“ für die Altersheim-Rocker in ihren Rollstühlen eröffnet die Seite vor Paynes „Red Streamliner“, einen Stromlinien-Rocktitel, zu dem die Doobie-Brüder Simmons und MacDonald einen Eaglesgefärbten Harmoniegesang beisteuern. Dann der einfachste und schönste Song der LP, „New Delhi Freight Train“, eine Western-Ballade im Little-Feat-Stil, die Lowell George schlicht ergreifend singt.

George ist mit Abstand der ausdrucksstärkste Sänger der Gruppe und für mein Gefühl auch der profilierteste Songschreiber, und seine Zurückhaltung bei dieser Platte fällt etwas schmerzlich ins Gewicht. Aber warten wir auf sein Solo-Album. Zusammen mit Paul Barrere hat Lowell George noch „Keepin‘ Up With The Joneses“ geschrieben, einen galligen Seitenhieb auf den American Way Of Life. Sanft endet die zweite Plattenseite mit Paul Barreres akustischem Liebeslied „Missin‘ You“. Mein Wort dafür, daß Ihr in diesem Jahr kaum ein besseres Rock-Album hören werdet.