Material – Memory Serves

Über Materials Auftritt beim Berliner Jazz-Fest 1981 war schon im ME 12/81 zu lesen. Material, das sind im Kern-Bill Laswell (Bass), Michael Beinhorn (Synthi, Gesang, alles mögliche) und Frad Mäher (Drums), letzterer jedoch in Berlin nicht dabei. Die Band formierte sich auf experimenteller Ebene in New York und veröffentlichte diverse Singles und EPs, die unter dem Titel „American Songs“ und „Temporary Music“ auch zusammengefaßt erhältlich sind (Ariola-Import). Das Material-Trio war von Beginn an eine offene Formation, arbeitete mit den verschiedensten Musikern und betreibt diese Entwicklung mit MEMORY SERVES konsequent weiter.

Die Namen der sieben Musiker, die neben Laswell, Beinhorn und Mäher für dieses Album Material bilden, stammen allesamt aus dem New Yorker Free Jazz-Underground, nur abgesehen von Fred Frith, früher Henry Cow und Art Bears. Allesamt sehr ernsthafte Musiker, jedenfalls.

Die Einfachheit der früheren Material-Experimente ist auf MEMORY SERVES so gut wie verschwunden; der Einfluß der Jazzer schlägt sich getreu dem Band-Konzept auch hundertprozentig nieder, was die Band heute weniger „neu“ erscheinen läßt als früher. Die beiden Titel „Disappearing“ und „Upriver“ zeigen diese Gefahr am deutlichsten auf: Beide klingen wie Jazz-Rock Marke ’74. Material schwankt hier und da zwischen disziplinierten Themen und undisziplinierter Einzelspielerei, und man fragt sich, warum diese Band auf einmal so überholt klingen will.

Der einzige, der Material heute noch „neu“ erscheinen laßt, ist Michael Beinhorn, der mit „Silent Land“ und besonders „Conform To The Rhythm“ drei treffliche Gesangsparts beisteuert und mit Synthi, Tape-Effekten und Radiostimmen auch solche Songs wie „Unauthorized“ davor bewahrt, ebenfalls zu einer nichtssagenden Jam-Session abzurutschen. Beinhorns Gesang zwingt die Band, hier einmal begleitend aufzutreten, und dies Minimal-Arrangement scheint hier sehr nützlich zu sein.

Die besagten drei Songs haben all das, was in dem gern zitierten „Free Funk No Wave Punk Jazz Dance“ steckt. Die restlichen fünf sind nur Teile davon, nichts Neues, gutes Mittelfeld.