Mick Jagger und die Rolling Stones

Nun gut, meines Wissens lebt Marshall Chess noch und ist mitnichten seiner Rauschgiftsucht erlegen; und Sugar Blue blies auf „Miss You“ die Harp, nicht das Saxophon. Aber sehen wir Willi Winkler ein paar Ungenauigkeiten dieses Kalibers nach. Denn sein Buch überzeugt durch andere Qualitäten als unbedingte und jederzeitige Faktensicherheit. Als gelernter Feuilletonist seziert Winkler, der seine Brötchen ansonsten bei der Süddeutschen Zeitung verdient, den Mythos mit dem scharfen Skalpell des Journalisten. Er schaut nicht durch die rosarote Fanbrille, sondern setzt die 40 Jahre Steinzeit in Beziehung zur Zeitgeschichte, schreibt von der Wirkung, die diese fünf Herrschaften bis heute auf ihr Publikum ausüben, und nimmt den ganzen Budenzauber, der da Rock’n’Roll heißt, nicht sonderlich ernst – Woodstock war ja tatsächlich so eine Art Kindergeburtstag, nicht wahr? Dass er sich unseren vergilbten Helden dabei immer wieder mit jeder Menge wohlwollendem Sarkasmus nähert (Jagger/Richards mit Laurel/Hardy zu vergleichen hat schließlich was), können selbst Hardcore-Fans nicht wirklich übel nehmen.

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