Miley Cyrus

Endless Summer Vacation

Columbia / Sony (10.03.2023)

Teen-Hysterie und Bubblegum-Psychedelia liegen hinter ihr: Miley Cyrus hat ein ganz normales Pop-Album aufgenommen. Warum das gut so ist.

Der Beach Boys und Girls evozierende Titel ENDLESS SUMMER VACATION führt zunächst in die gleiche Irre wie der des abgründigen 2012er-Films „Spring Breakers“ von Skandalregisseur Harmony Korine, der auf Miley Cyrus’ neuem Album passenderweise am Stück „Handstand“ mitgeschrieben hat. Cyrus’ achte Platte ist ein Liebesbrief an L.A. – die Stadt also, in die sie 2005 als junger Teenager mit ihrer Familie zog, um dort die Titelrolle der Teen-Sitcom „Hannah Montana“ zu spielen. Im Sunshine State Kalifornien erholt sie sich nun vom Scheitern ihrer ersten Ehe mit Schauspieler Liam Hemsworth – und so ein Vorhaben kann sich bekanntlich ziehen. Wenn schon nicht endless-ly, dann zumindest für die 40 Minuten ihres in eine „AM“- und eine „PM“-Seite aufgeteilten Albums.

Man braucht die Ohren nicht sonderlich zu spitzen, um das Werk vorrangig als Abrechnung mit ihrem Ex zu interpretieren: „You smell like perfume that I didn’t purchase / Now I know why you’ve been closing the curtains / Get the fuck out of my house“, singt sie etwa in „Muddy Feet“, zu dem es sich wunderbar mit ebendiesen stampfen lässt (wie auf einem Spielplatz der Selbstliebe schaukeln hier Cyrus auf ihrer Abrissbirne und Sia an ihrem Kronleuchter zueinander). Wie gesagt: Man muss da nicht sonderlich aufmerksam einsteigen, aber man darf natürlich. Und Legionen Miley-Maniacs tun das freudvoll.

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Wildeste Fantheorien und -fragen füllen das Internet: Ist das Anwesen, in dem der Clip zur rekordbrechenden, pünktlich an Hemsworths Geburtstag veröffentlichten Leadsingle „Flowers“ gedreht wurde, wirklich der Ort, wohin Hemsworth seine angeblichen 14 Affären geleitet haben soll? Ist der Refrain des sich sonst, was Inhalt und Melodieführung betrifft, an Gloria Gaynors Selbstbestimmungs-Hymne „I Will Survive“ orientiertem Discostück bewusst von Bruno Mars’ „When I Was Your Man“ abgekupfert, weil die Ballade bei Cyrus’ Hochzeitsfeier lief? Geniale Revenge-Moves oder Zufälle und Nonsens? Egal, guten Mainstream-Pop zeichnet aus, wenn er ebendiesen Mainstream bewegt.

Und das tut er hier neben aller Meta-Ebenen auch musikalisch: Schon nach einmaligem Hören kommt einem die Tracklist wie ein Klassentreffen voller vertrauter Namen vor. ENDLESS SUMMER VACATION ist zeitloser Pop, angenehm von Auto-Tune und den üblichen Trap-Hats befreit, wie er schon vor 25 Jahren hätte erscheinen können. Abgesehen vom weirden Break in „Handstand“ erinnert hier nichts mehr an die Avantgarde-Experimente mit den Flaming Lips. Sachte Reggaeton-Beats auf „Island“, ein Hauch Country auf „Thousand Miles“, das war’s an Genre-Hopping. Auch James Blakes Synthies bringen das großartige „Violet Chemistry“ nicht vom mittleren Weg ab, der es bitte hoch in die Charts bringen soll, die dann vermutlich immer noch von „Flowers“ regiert werden.

Miley Cyrus ist ein, im besten Sinn, ganz normales Pop-Album geglückt. Vielleicht wollte sie genau da nach all der Aufruhr und all den bewusst gewählten Plätzen im Abseits hin. Es scheint ihr dort zu gefallen. Uns tut es das in jedem Fall.

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