Millenia Nova – Narcotic Wide Screen Vista

Diese CD verleitet zu einem Experiment, einer Betrachtungsweise aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Würde der Hörer nichts über das Projekt und Zustandekommen der elf Songs wissen, ergäbe sich folgendes Bild: Narcotic Wide Screen Vista ist ein zärtliches Gitarrenpop-Album mit Soundtrack-artiger Wirkung, melancholischer Grundstimmung und herrlichen Stimmen. Ein rundes Werk, obwohl diverse Sänger am Mikro standen. Die Instrumentierung erinnert an langsamen, britischen Shoegazer-Pop der frühen Neunziger-Namen wie Slowdive, Ride, Low und Mazzy Star kommen in den Sinn. Eventuell wurde am Computer etwas nachbearbeitet, jedoch muss es sich hierbei um ein äußerst harmonisches und organisches Band-Kollektiv handeln, mit viel Sinn für Schönheit – ach! Nun packen wir das Vorwissen dazu. Sichtweise zwei fällt sogleich etwas nüchterner aus: Millenia Nova sind das Münchner Duo-Projekt Meinl und Neuhauser, das sich mit dem Liederschreiben auskennt – einer kommt aus der Gitarrenecke, der andere aus dem Elektroniksektor -, doch singen kann keiner von ihnen. Also machten sie sich nach der Fertigstellung ihrer Instrumentals auf die Suche nach Sängern und verschickten Tapes an diverse Auserwählte. Ein einfaches Prinzip, das nach drei Jahren Hin und Her und großem Aufwand zu einem außerordentlichen Ergebnis führte: Anfragen klappten bei Ginger Mac Kenzie, Miriam Osterrieder (Console), Christian Neuburger (Slut), Kelli Ali (Ex-Sneaker Pimps) und unglaublicherweise Iggy Pop. Sein Beitrag „Rockicide“ sticht zugleich aus dem Material heraus, was nicht zuletzt an Iggys nölendem Organ liegt. Die naive Betrachtungsweise von Musik ist eben um einiges romantischer.

VO; 7.4. www.millenia-nova.com

Artverwandtes:

Sneaker Pimps Becoming X (1996)

Slut Lookbook(2001)