Molly Hatchet – Flirtin‘ With Desaster

Dies ist die zweite LP des amerikanischen Sextetts aus Jacksonville, Florida – Heimat von Lynyrd Skynard und den Allman Brothers = weite Landstraßen & dichte Sümpfe = Rockmusik geprägt von schwarzen und weißen Country-Blues-und C&W-Klängen = Southern Rock.

Diese Assoziationskette ist schnell gesponnen, bietet sich geradezu an. Und ist dabei schlicht unangebracht, geradezu unfair gegenüber Molly Hatchet. Schon mit ihrem Debutalbum und dem Hard-Rock Produzenten Tom Werman (Ted Nugent, Cheap Trick) bewegten sie sich musikalisch auf allamerikanischen Boden, die Parallelen zu ihren vor ihnen zu Ruhm und Ehren gekommenen Miteinwohnern waren auf ein Minimum beschränkt. ‚Flirtin’…‘ soll nun endgültig mit dem ungeliebten Klischee aufräumen.

So enthalten alleine schon diverse Songtitel Hinweise darauf, was musikalisch von der all guitar band, die allerdings im Studio auf ein klassisches Rock- und Bluespiano nicht verzichtet, zu erwarten ist. ‚Let The Good Times Roll‘, ‚Let’s Rock Tonight‘ und ‚Boogie No More‘. Los geht’s dann auch mit einem schnellen Boogie, dem ‚Whiskey Man‘ mit verhaltener Mundharmonika und umso direkteren Gitarrenklängen. Drei Gitarristen verlangen immerhin ihr Recht. Riff über Riff, massige Breaks, stark rhythmische Akkordarbeit. Molly Hatchet verzichtet auf wahnsinnig ausgetüftelte, zwei gar (es bietet sich ja an) dreistimmige Gitarrensoli oder Chorusse. Dafür gibt es kurze, prägnante Läufe, spitze Licks, begleitet von einem ungemein trockenen Schlagzeug und einem knackigen, treibenden Baß. Verschnaufpausen gibt es keine. Und wenn dann mal ein Song (‚Boogie No More‘) etwas verhaltener und schleppend angeht, dann ist das höchstens die Ruhe vor dem Sturm: der Songtitel ist ironisch gemeint und geht nur um so wilder zu Ende. Danny Joe Brown, ein eher unscheinbares Männlein mit gemütlichem Bierbauch, erweist sich als shouter par excellence und bellt seine Stories vom ‚Whiskey Man‘ oder vom ‚Gunsmoke‘ ins Mikrophon, wild und ungestüm. Bei all den toten Hosen, die in letzter Zeit aus den Staaten zu uns herüberkommen, ist Molly Hatchet absolut erfrischend!