Moulin Rouge :: Filmischer Rausch

Die filmische Entsprechung von Queens „Bohemian Rhapsody“: prätentiös, trivial, melodramatisch, ergreifend – und vor allem artifiziell bis zum Gehtnichtmehr, vom sich öffnenden roten Vorhang am Anfang bis zu den Warp-Speed-Zooms durch das Paris der Jahrhundertwende. Und die Handlung? Natürlich selbst eine Bohemian Rhapsody, kunstvoll und künstlich zusammengekleistert aus „La Boheme“, dem Orpheus-Mythos und völlig absurder Groschenheft-Romantik. Also: Unschuldiger Dichter kommt nach Paris, verliebt sich in eine Konkubine, die außerdem a) der Star des Moulin Rouge, b) einem Finanzier des Etablissements versprochen und c) todgeweiht ist. Den Rest kann man sich ausrechnen: Dramatik! Tragik! Emotionen! Tränen! Und wer Baz Luhrmans Vorgänger William Shakespeare’s Romeo + Juliet kennt, weiß, dass es auch nicht so bedeutsam ist, was da passiert, sondern wie es gezeigt wird. Denn Luhrman schleudert einem ein rastloses Potpourri aus 100 Jahren Popgeschichte vor die Füße und liefert einen Rausch der Bilder und Töne. Denn Moulin Rouge ist ein Musical, also wird auch gesungen. Ewan McGregor (sehr gut) singt „Your Song“, Nicole Kidman (gut, aber kalt) haucht „Diamonds Are A Girl’s Best Friend“, und dann gibt es noch „Roxanne“ als wehklagenden Tango und „Like A Virgin“ als bizarr-monströse Zuhälter-Ballade. Alles ist hier Pose, Stereotyp. Luhrmans Ziel ist klar: Wer nur alle denkbaren Klischees auftürmt, entdeckt in der Summe die Wahrheit über die Liebe. Die Taktik geht auf. Das Credo „The only thing you’ll ever learn / Is to love and be loved in return“ ist echt. Aber auch die Attitüde des Films trifft den Punkt und verneigt sich vor allen Poprebellen von Satie (Ziiirrrpppp!) über Morrison (Wir wollen die Welt, und wir wollen sie jetzt) bis Cobain (Unterhaltet uns!). Monsterfilm oder Filmmonster? Spielt nicht wirklich eine Rolle.

USA 2001, Regie: Baz Luhrman, mit Nicole Kidman, Ewan McGregor, John Leguizamo

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