Neil Young, München, Olympiahalle :: Rock ohne Rostschutz

„Wo sie ist, ist vorne“, schrieben neulich die Kollegen vom „Stern“ nicht ganz unzutreffend über Madonna. Neil Young ist demnach an diesem schwülen Sommerabend ganz weit vorne. Modisch zumindest. Mit dem weißen Cowboyhut auf dem Dickschädel, kann es der 55-Jährige mit jedem von Frau Ciccone inspirierten Girlie aufnehmen. Natürlich wissen wir-, der Hut ist kein Fashion-Statement. sondern nur ein Signal, das die musikalische Richtung für den Abend vorgeben soll. Der Meister will uns mitteilen: Achtung, neben den hart und tight rockenden Neil Young & Crazy Horse gibt es auch die weniger hart und weniger tight country-folk-rockenden Neil Young & Crazy Horse, jene Band, die mildere Alben wie „Comes A Time“ und „Zuma“ eingespielt hat. Genau die steht heute auf der Bühne und beginnt einen musikalisch durchwachsenen Abend mit dem „Zuma“-Track „Don’t Cry NoTears“.

Klar ist das schon irgendwie toll, was Young, Frank Sampedro, Billy Talbot und Ralph Molina in den nächsten 120 Minuten veranstalten: selten Gehörtes („Don’t Let It Bring You Down“, „I’ve Been Waiting For You“), ein Akustik-Set mit Neil Young an Gitarre und Pump Organ („From Hank To Hendrix“, „After The Gold Rush“) und der Versuch, mit „Hey Hey My My (Into The Black)“ und „Rocking In The Free World“ das Feedback nach Hause zu holen. Alles gut gemeint, bestimmt keine Frage. Unterm Strich aber hilft auch das nicht allzu viel.

Dass Crazy Horse ist eingerostet, es galoppiert an diesem Abend nicht, es bewegt sich im – bestenfalls – starken Trab. Die Dramaturgie der Setlist? Praktisch nicht vorhanden, was durch vier (!) neue Songs nicht unbedingt besser wird. Die kann zwar keiner in der Halle kennen, sie klingen aber doch irgendwie wie alte Bekannte. Und Neil Young? Dem scheint das alles am Arsch vorbeizugehen. Das Kommunikationswunder richtet erst nach zehn Songs ein paar warme Worte ans Publikum – das obligatorische „How you’re doin‘ out there? Nice to be back“ – und salbadert dann noch ein bisschen darüber, wie viele Freunde die Band doch in Deutschland gefunden habe. Das war’s dann aber auch schon mit der Interaktion.“Rust Never Sleeps“, hieß es früher mal. Vielleicht hätte ja „Like A Hurricane“ an diesem Abend ein gutes Rostschutzmittel abgegeben.

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