New Order :: Berlin, Columbiahalle

Am Ende stand ein grandioses und -allem understatement zum Trotz – auch ein furioses Finale: Brav entschuldigte sich Bernard Sumner nach Aufgabe seiner Triumphator-Positur (beide Arme gen Allmächtigen gereckt, die Handflächen wie zum Segen des Gruftgottes gen Gläubige gestreckt): Man spiele ja eigentlich nie, nie, nie Zugaben, aber bei einem solch fantastischen Publikum könne man schon mal eine Ausnahme machen. Statt einer werden es dann gleich zwei, und mit dem epochalen „Blue Monday“ verabschiedet sich eine Band, deren Rückkehr nach acht Jahren Sendepause wohl zu den beeindruckendsten Comebacks der Popgeschichte zu rechnen ist. Beeindruckend vor allem, weil man mit dem Album „Get Ready“ sowie mit der begleitenden Tour eine künstlerische Neubestimmung vorgenommen und dabei mehr als eindrucksvoll bewiesen hat, dass noch längst nicht alles gesagt ist zum Thema New Order. Im Gegenteil. Nach der Irreführenden Einleitung eines Conferenciers, der den knapp 4000 Anwesenden weismachen wollte, dass sie nun ein Sextett namens Joy Division erleben dürften, stellen New Order mit der Hit-Single „Crystal“ die Weichen für die folgenden 75 Minuten gleich auf Gegenwart und Zukunft, nicht auf Vergangenheitsbewältigung. Bassist Peter Hook gibt mit tiefer gelegtem Bass und breitbeiniger Pose den Rocker von nebenan, während Sumner vor lauter Euphorie bisweilen fast das eigene Understatement außer Acht lässt. Dann pfeift er vor Freude oder droht, seinen Kopf voller Ungestüm gegen das eigene Mikro zu rammen. Doch bevor ein Zuviel an verzerrten Gitarren die kühle Eleganz der Groove-Grundlage zerstört, schiebt die Sand schnell zur Entlastung die elektronischen Drums in den Vordergrund des metallenen Soundbilds. Und bevor die allgemeine Wiedersehensfreude zu sehr in Richtung Stadionrock kippt, macht Bernard Sumner schnell eine kleine fiese Randbemerkung über den maroden Zustand des deutschen Fußballs. Zu tief aber will auch er an diesem Abend den Finger nicht in die Wunde legen und betont daher umgehend die große Freude aller Engländer darüber, dass Deutschland nun doch bei der Weltmeisterschaft dabei sei. Football’s Coming home. New Order auch. Und als die Band dann mit dem großen, dem wunderbaren,dem unvergleichlichen „Love Will Tear Us Apart“ nachlegt, macht sich niemand in dieser Halle mehr groß irgendwelche Gedanken über Understatement, Stadionrock und offenkundig ausgetragene Euphorie – wer weiß schon, ob und wann es diesen Anlass zum Zelebrieren des einstigen Schulfeten-Feelings im Hier und Jetzt noch einmal geben wird?

www.neworderweb.com