Nick Cave & The Bad Seeds

Dig!!! Lazarus Dig!!!

Mute Records / EMI VÖ: 29.09.2008

Rock: Sicher in der Tradition verankert, selten um eine Neuerung verlegen: Das Album, das der geniale Soul Scarcher machen musste.

Die Tendenz zur zunehmenden Reduzierung in den Sound- und Bildwerken des Nick Cave hatte uns zuletzt doch etwas irritiert. Gut, es ging noch an, dass der Sänger, Songwriter und Hin-und- wieder-Drehbuchautor Nick Cave auf der Berlinale vor einem Jahr einfach mal gar nichts mehr zum Film „The Proposition“ sagte, dem er einen minimalistischen, skizzenartigen Soundtrack schenkte. Es war schon bedeutender, dass das letzte Cave- Album unter dem Logo „Grinderman“ die Möglichkeiten einer archaischen Rock-Produktion durchdeklinierte, die nichts mehr vom morbiden Glamour der Bad-Seeds-Kathedrale besaß. Gitarre statt Piano, zurück im Steinbruch der Birthday Party. Weniger wäre schon noch denkbar gewesen, eine bibelfeste Platte nur mit dem Herrn Cave und seiner Gitarre etwa. Doch der Künstler hat sich und seine Bad Seeds gesammelt und genau das getan, was die weltweite Cave-Gemeinde ihm reichlich danken wird: Mit DIG!!! LAZARUS DIG!!! erscheint ein fast schon beängstigend logischer Nachfolger des opulenten 2004er Werks ABBATOIR BLUES/THE LYRE OF ORPHEUS, sicher in der Cave- Tradition verankert, aber doch um so viele Neuerungen bereichert, dass man voller Verzückung zuhört.Die Achterbande Cave, Harvey, Ellis, Casey, Sclavunos, Wydler, Johnston, Savage hat eine Kollektion verführerischer, manchmal lyrischer Rocksongs aufgenommen, deren Schönheit in den Details obsiegt, in Feedbacks, Loops und Mandocaster-Effekten. Nick the soul searcher – da ist wieder der Poet, der nicht müde wird, in den Wunden von Mann und Weib zu suchen, in den evergreenen, dunklen, psychosexuellen Geschichten von Betrug und Hoffnung, die in den heißen Melodien der Orgel weiß gewaschen werden. Beginnend mit dem ziemlich guten Bongo- Rock-Song „Dig, Lazarus, Dig“, gefolgt von „Today’s Lesson“, einer mit seltsamen Samples gespickten Liturgie, gespielt von einer Band, der gleich „Hey Joe“ aus den Gliedern fährt. Und alle singen mit: „We’re gonna have a real cool sound“. Wie wahr. Hinten hat die Platte mehr Blues-Rock als Predigt, zum Finale bleibt der Sänger so sachlich, „No More News From Nowhere“ ist wie ein Stich ins Herz des Sakralen. Cave nennt das „eine größere musikalische Neutralität“. Nochmal: Weniger Piano, keine Violinen, wenn’s sentimental wird. Die sentimentale Ballade „Jesus Of The Moon“ hat Nick Cave freundlicherweise dennoch nicht aus dem Programm genommen.