Nite City – Golden Days Diamond Nights

Das zweite Album von Nite City verspricht „Goldene Tage und diamantene Nächte“ und (ent)hält tatsächlich ein hochkarätiges Stück am andern. Ray Manzarek, der Organist der einstigen und einzigartigen Doors, hatte Nite City vor rund zwei Jahren gegründet. Zwei Solo-Alben des Tastenmannes („The Golden Scarab“ und „The Whole Thing Started With Rock’n’Roll…“) hatten die Erwartungen an seine erste Band seit dem Ableben der Doors in die Höhe geschraubt. Das Debüt-Album „Nite City“ hat sie im Frühjahr voll erfüllt. Manzareks originelle und kraftvolle Songs wurden von einem Mann mit auffallender Stimme getextet und gesungen, Noah James, und von einer vortrefflichen Band gespielt: Paul Warren (Gitarre), Nigel Harrison (Baß), Jimmy Hunter (Schlagzeug) Manzarek selbst saß natürlich an den Keyboards.

Wie mir ein L.A.-Insider vor Monaten erzählte, sollte Nite City seinerzeit an „ego clashes“ zerbrochen und in alle Winde verstreut sein. Doch das stimmte nicht: Zwar ist Noah James nicht mehr von der Partie, ansonsten ist hier nach wie vor die Gründungsbesetzung versammelt. Paul Warren hat die Rolle des Lead-Sängers übernommen. Ray Manzarek und er teilen sich allerdings den Gesang, wobei mich Ray mehr beeindruckt als der nominelle Vorsänger. Ray’s Stimme hat mehr eigene Farbe. Geschmeidig, kräftig, herb und auffallend homogen.

Das Debut-Album war aufgewühlt, leidenschaftlich und streckenweise auch unheimlich. Auf diesem hier herrscht positive Stimmung vor. Es geht friedlich zu und beschwingt. Die Nächte von Nite City scheinen nicht mehr von lauernden Schrecken erfüllt zu sein; vielmehr breitet die Nacht ein diamanten („Diamond Nights“) glitzerndes Sternenzelt über vier Gemütern aus, denen nach harmonischen Schwingungen von Leib und Seele zumute ist. Jimmy Hunter erweist sich als ein Schlagzeuger der Superklasse. Sicher und präzise vereint sein Stil Swing und Drive. Auf der ganzen LP gibt es keinen Song, der nicht den Körper voll mitbedient. Es spielt ein Kollektiv, das gut drauf ist. Keiner versucht, sich als Solist herauszuheben.

„Riding On the Wings of Love“ bildet einen idealen Einstieg. Schwungvoll, spritziges E-Piano, ständiger Auftrieb wie von einem Schwungrad. Mit „The Dreamer“ folgen die schönsten sechseinhalb Minuten, in der Tat traumhaft. Das melodische und immer wiederkehrende Leitmotiv geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Kein ätherisches Traumgespinst, sondern eine Nummer, die kraftvoll und locker dahinrollt. Das federleichte „Blinded By Love“ stellt den einprägsamen Höhepunkt der zweiten Seite dar. Gefolgt von einem zügigen Instrumentalstück, „Barcelona“, das auf keiner Manzarek-LP fehlen darf. Das hymnische „America“ fährt noch einmal voll und achteinhalb Minuten lang ab. Man sollte diese goldenen Tage und diamantenen Nächte auskosten.