Nuuk – Nachts in schwarzer Seilbahn nach Waldpotsdam
Schau, schau, der Max Goldt. Den Titanic-Satirepäpsten den postmodernen Kurt Tucholsky zu machen,das mager nicht mehr. Und was tut er mit der vielen freien Zeit: schreibt kryptische Chansontexte, die klingen, als hätte er zu viele Friedrich Hollaender-Revuen besucht (Kostprobe: „Man lernt nicht vom Flaschenpfand/Man lernt von jeder Begegnung/Jede Begegnung macht unheimlich dick“). Mit dieser absonderlichen Neigung hat Goldt sein „Lese-Live-Publikum“ja schon immer wieder mal erschreckt – man denke nur an die seltsameren Foyer des Arts-Werke. Jetzt hat er sich mit dem Berliner Kompositions-Dozenten und studierten Violoncellisten Stephan Winkler, einem Grenzgänger zwischen E(rnster)- und E(lektronischer) Musik, zusammengetan. Dadurch wurde aus „Onkel Max“ zwar nicht gleich „Goldtie“-„denn Klapperalben gibt’s ja nun wirklich genug“, wie Goldt findet. Das Anliegen des nach Nuuk,der Hauptstadt von Grönland benannten Projekts, ist,“Songs in ein Gewand von Sounds zu fassen, denen man anhört, daß wir die letzten Jahre nicht im Kloster verbracht haben.“ Das klingt dann trotz Streichern, Bläsern und Flügelklängen nach einer Mischung aus Engel Widerwillen, Rosenstolz und Kraftwerk-Singles auf 33 UpM. Hörenswert sind die düsteren Depri-Arien „Wenn man keinen kennt“ oder „Weihnachten und Neujahr“. Denn hier liegt der „Deklamtor“ seinen goldig-lakonischen Nuscheltonfall ab und versucht sich ganz stilecht und ein kitschig als Tenor. Ansonsten eignet sich die Platte weder zum Tanzen noch zur Beschallung des Beischlafs, aber man kann bei aufgeschlossenen Musik-oder Literaturwissenschaftlern bestimmt prima Seminararbeiten darüber schreiben.
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