Omar Rodriguez Lopez

Solo Extrano

Rodriguez Lopez Productions

Free Rock: Der beste Gitarrist seiner Generation dringt endgültig ins Unerforschte vor.

Es sei an dieser Stelle noch einmal eine Träne, ach was, ein Sturzbach aus Rotz und Wasser geheult über die Trennung von The Mars Volta, der unwahrscheinlichsten Rockband der Nullerjahre. Kollege Koch sagt die Reunion für 2018 voraus. Wir wollen ihm glauben. Das vorläufige Aus verkündete im Januar Sänger Cedric Bixler-Zavalas beleidigt in einem Tweet: „Soll ich so tun, als ob ich eine progressive Hausfrau bin, die kein Problem damit hat, wenn ihr Partner andere Bands fickt?“ Tatsächlich ist sein Kollege Omar Rodriguez Lopez nicht nur immer schon der musikalische Kopf der Gruppe gewesen, sondern ein geradezu exzessiv promisker Musiker. Manche Menschen hören in ihrem ganzen Leben weniger Platten wirklich an, als dieser Mann in zwölf Monaten herausbringt. Im März 2013 etwa hatte er schon drei Platten veröffentlicht, da erscheint mit Solo Extrano auch schon die vierte. Ein solches Tempo muss vorlegen, wer 26 Soloalben seit 2004 veröffentlicht hat – und keine Anzeichen zeigt, es langsamer angehen zu lassen. Auf den ersten, zweiten, dritten und vierten Blick macht Rodriguez Lopez auf Solo Extrano wieder alles alleine. Gitarre spielen, Keyboard spielen, Beats programmieren, überraschend okay singen und an Knöpfchen drehen, vor allem an Knöpfchen drehen. Am Rad sowieso. Schwerlich dürfte der aufgeschlossene Musikfreund dieser Tage andere Klänge hören, die ihm spontan mehr an den Nerven zerren dürften, als Songs wie „Discursos“ und „House In The Sand“, die aus schwer gestörten Störgeräuschen zu bestehen scheinen. Ein kleinteiliges, immer wieder verrutschendes Mosaik aus Tönen, das auch mit Abstand nur weißes Rauschen zeigt. Erst auf den fünften Blick fällt auf, dass da als einziger Gast der von The Mars Volta bekannte Deantoni Parks hinter den Drums sitzt – und es sich auch um ein geheimes Deantoni-Parks-Soloalbum handeln könnte. Er liefert erst die rhythmische Matrix, in die hinein Rodriguez Lopez seinen kakofonischen Irrsinn pflanzen kann. Er ist es auch, an dem der Hörer sich halbwegs festhalten kann. Wer es bis zum Avantgarde-Elektro-Free-Jazz von „Quemamos Lo“ durchhält, wird erleben, wie das flirrende Chaos plötzlich stillzustehen scheint wie die Felgen eines sich schnell drehenden Rades. Das ist Kunst, wo sie hingehört – an den Rand des Wahnsinns. Ein gefährliches Geschenk.