Page & Plant – Walking Into Clarksdale

Da können sich die Herren Page und Plant zieren, soviel sie wollen, da können sie noch so stur versuchen, den Begriff „Led Zeppelin“ aus dem Wortschatz der Musik hörenden Menschheit zu eliminieren: WALKING INTO CLARKSDALE ist aller Geschichtsklitterung seitens der Protagonisten zum Trotz die beste Led-Zep-Platte seit dem titellosen vierten Album von 1971. Und irgendwie auch wieder nicht. Alten Fans, die mit den Ethno-Ergüssen des famosen Vorgängers NO OUARTER nicht so recht warm geworden sind, werden Tränen der Freude in die Augen treten, Nachgeborene wiederum können sich mit eigenen Ohren davon überzeugen, wem Pearl Jam, Soundgarden und unzählige andere einen Gutteil ihrer Inspirationen verdanken. In kleiner Besetzung eingespielt – mit Charlie Jones am Baß und Michael Lee am Schlagzeug – reihen sich eine Stunde lang potentielle Klassiker wie die Perlen auf einer Schnur: „Blue Train“ etwa, bei dem die Rhythmusgruppe den Schienenstrang legt, über den Jimmy Pages sphärische Gitarre und Robert Plants zartbitterer Gesang zu schweben scheinen. Oder „Most High“, ein multikultureller Marktplatz, auf dem sich gesamplete Ethno-Grooves und derbe Rockdrums treffen, elektrische Gitarren auf exotische Bläser, irgendwo ein Hurdygurdy leiert, während Robert Plant den Schlangenbeschwörer mimt. „Please Read The Letter“? Ein veritabler Ohrwurm. „Burning Up“? Majestätischer Midtempo-Rock, entfernt an einen irischen Folksong erinnernd, aber an einen, der nicht mit Guinness, sondern mit Kerosin betrieben wird. Ein weiterer Trumpf: Page und Plant plus Mitproduzent Steve Albini (Nirvana, Pixies, Shellac) zeigen selbst in heftigst rockenden Songs ein bemerkenswertes Gespür für Aspekte wie Atmosphäre und Dynamik. So weht eine verhallte Slo-Mo-Surfgitarre durch das beinahe schon kitschig-schöne „Heart In Your Hand“, bürsten schräge Streicher „Upon A Golden Horse“ gegen den Strich. Klänge es nicht so pathetisch, könnte man formulieren: Zwei alte Rocker haben ihre Würde zurückgewonnen. Hipster, deren musikalische Präferenzen eine Halbwertzeit von vier Wochen haben, dürfen sich mit Grausen abwenden. Allen anderen sei gesagt: WALKING INTO CLARKSDALE soll keinem Menschen mehr etwas beweisen. Led Zeppelin taten damals, was sie mußten. Page und Plant tun heute, was sie wollen. So einfach ist das manchmal.