Paradiso von Thomas Klupp

„Fünf Seiten gebe ich dem Leser“, meint Thomas Brussig. „Wenn er sich bis dahin nicht von diesem Buch losreißen konnte, wird er von einem Sog verschlungen, einem Sog aus Amoralität, Lügen und Schamlosigkeit.“ Nicht verschlungen, aber so überschüttet wird man auf den ersten Seiten mit stilistischen Fingerbrüchen, idiotischen „würde“-Sätzen, einem atemlosen Sprachmüll, class man dem Erzähler seine Böswilligkeit und hysterische Missgunst fast nachsieht. Da trifft einer beim vergeblichen Warten auf die Mitfahrgelegenheit einen Ex-Mitschüler und dessen Freundin, wird in eine Falle gelockt, auf der Autobahn ausgesetzt, und dann sind wir schon auf Seite 26 und finden diesen Angeber, der Drehbuchschreiber sein will, aber psychologisch gar nichts kapiert, so widerlich, dass wir uns wundern, wieso wir weiterlesen. Vielleicht aus Voyeurismus, vielleicht auch nur aus Neugier, weshalb uns der Autor eine solche Figur vorsetzt und sie ihr Gebrabbel selbst absondern lässt, ohne vermittelnd einzugreifen. Es ist eine Grat wanderung, einen Roman an einer derart unsympathischen Figur aufzuhängen – die manchmal gut geht, hier aber nicht, weil der Protagonist weder beobachten noch erzählen kann, Dummsatz an Dummsatz reiht, seine „Glaubwürdigkeit“ mit einem Hagel von „ja“s, „wirkliches und „nämlich“s (durch deren Streichung das Buch zehn Prozent besser würde) belegt und labert und labert und labert („Während ich die ersten Züge nehme, sage ich mir, dass ich gerade in einer sehr seltsamen Phase meines Lebens bin. In einer Phase, in der ich aufpassen muss, dass die Dinge nicht aus den Fugen geraten. Ich meine, ich habe ja nur einen Körper, und irgendwie ist alles ausweglos. Zumindest auf den ersten Blick. Vielleicht reift aber bald ein Entschluss heran, und alles wird wieder klar. Man kann es wirklich nicht wissen, und im Grunde ist ja noch alles im Lot.“). Das ist schade, weil Ex-„Bella Triste“-Herausgeber Klupp ein bizarres, filmreifes Finale eingefallen ist. Bis dahin aber hat den Leser die Geduld mit dieser neuen „Hoffnung“ der deutschen Jungliteratur längst verlassen. Bleibt die Hoffnung, dass er nächstes Mal zum „Plot“ eine Sprache findet.

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