Paul Simon – The Goes Rhymin‘ Simon
In New York hat er mir von den Massstäben erzählt mit denen er seinen Erfolg misst: „Sekunden bevor du zu einem Auftritt auf die Bühne kommst, ist die Atmosphäre im Publikum unheimlich gut. Alles konzentriert sich nur auf dich. Wenn du dann auf die Bühne kommst, löst sich die Spannung. Stellst du nach einem Konzert fest, dass der Höhepunkt des Abends 5 Sekunden vor deinem Auftritt war – na, kann man dann noch von Erfolg sprechen?“ Nun, das Erscheinen von Paul Simons neuestem, mittlerweile schon zweitem Solo-Album ist wohl Grund genug, ein wenig gespannt zu sein. Nach dem ersten Abspielen der 11 brandneuen Simon-Songs war mein erster Gedanke: Wie sollst du darüber bloss ‚was im ‚Longplaylook‘ schreiben! Nun, ich legte die Platte noch ein paar Mal auf und fing so langsam an, etwas klarer zu sehen, pardon, hören: natürlich ist Paul’s Stimme unverwechselbar, sie erinnert sofort an die vielen Simon & Garfunkel Lieder. Abgesehen von den komplizierten Arrangements mit den verschiedensten Background Bands, die in bester Nostalgie-Manier Klänge aus den Gospel- und Dixie-Tagen wiederauferstehen lassen, kam mir der neue Paul Simon reifer und relaxter vor. Kein Wunder, dass der Titel ‚Kodachrome‘ inzwischen bereits hoch oben in den amerikanischen Hitlisten ‚paradiert‘. Ein bisschen bei Bach geklaut ist die Melodie von ‚American Tune‘, dem ersten Song auf der zweite Seite. Ich halte den Titel für die gelungenste Nummer des Albums. Es dürfte ein Klassiker werden wie ‚Bridge Over Troubled Water‘. Übrigens erzählte mir Paul, Bach habe die Melodie ebenfalls von dem noch älteren lutheranischen Kirchenlied ‚Oh Haupt voll Blut und Wunden‘ übernommen. Na, wenn Bach schon auf dem Nostalgie-Trip war…