Peter Gabriel :: Long Walk Home: Rabbit Proof Fence

Natürlich gibt es da diesen rührenden Film über drei australische Mädchen, Aborigines, die aus der Diaspora den Heimweg suchen, immer entlang am Zaun, der quer über den Kontinent führt und die Hasenplage im Zaum halten soll. Natürlich interessiert da ein ambitionierter Soundtrack von Peter Gabriel. Recht eigentlich aber wollen wir doch wissen, ob dieser Soundtrack einen Blick auf UP erlaubt, das jahrzehntelang erwartete und nun mal wieder für den Spätsommer angekündigte neue Studioalbum. Tut es nicht. Vielmehr nämlich erinnert LONG WALK HOME an PASSION, das Gabriel 1989 für Martin Scorseses „Letzte Versuchung Christi“ komponiert hat und mit den Jahren zum Geheimtipp für Freunde von etektrowarmem Ambient avanciert ist. Auch LONG WALK HOME zielt ganz offenbar auf jene Hirnzentren, in denen das Vorstellungsvermögen sitzt. Glühende Morgen und schmelzende Abende, die flirrende Luft über eintöniger Ebene, rasselnde Trucks auf nächtlichem Highway, der pfeifende Wind zwischen den Überlandteitungen und ein trauriger Vogel an rauschendem Wasser, alles sofort da. Ächzend schleppende Perkussion und mollweiche Klangteppiche laden eloquent zum Träumen. Kein emanzipierter Soundtrack, sondern metaphorische Filmmusik im Dienst der Bilder. Mit den Methoden, die Gabriel in seinem Real World-Studio so zu Gebote stehen. Manchen Songs verpasst der Meister mit einem sparsam gospelnden „uh-uhuh“ sein stimmliches Wasserzeichen. Alles Übrige aber bleibt weitgehend instrumental. Traditionelle Flöten, die am Computer flugs in röhrende Nebelhörner verwandelt werden. Der verlangsamte, gepitchte, mit Vibrato unterlegte Gesang einer einzigen australischen Elster, solche Sachen. Was diese artifiziell-sakrale und sehr atmosphärische Leinwandmusik aber doch besonders liebenswert macht, ist die fatale Versuchung, der sie widersteht: Eine ganze Stunde Lang sind wir in Australien – und kein Didgeridoo, nirgends. Okay, nicht wirklich. Aber das auch nur ganz leise.

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