Peter Gabriel

Peter Gabriel

Mute (EMI)

Sein erstes Solo-Album nach der Trennung von Genesis war hervorragend, doch im Vergleich mit der neuen LP wirkt es wie eine Sammlung von Middle Of The Road-Titeln. War Peter Gabriel damals unter der Anleitung des Produzenten Bob Ezrin einen relativ kommerziellen Weg gegangen, so suchte er sich diesmal einen Producer, der genauso introvertiert sein kann wie er selbst: Robert Fripp, der übrigens auch wieder Gitarre spielt.

Dieses schwer zugängliche Album geht an die echten Gabriel-Fans. Die werden am ehesten bereit sein, ihn in dieser negativen Verfassung aufzunehmen. Sie werden aber auch am ehesten begreifen, daß es für ihn bitter notwendig war, Genesis den Rücken zu kehren. Ein Künstler, der heute relativ fröhlich sein kann und sich morgen über die Schattenseiten der Zivilisation quält, braucht absolute Bewegungsfreiheit.

Schwer verdaulich präsentiert sich Gabriel in Text und Musik. Kommerziell im Sinne von einprägsam sind allenfalls „D.I.Y.“ und „Perspektive“, das man vielleicht sogar als New Wave-Produkt eines arrivierten Erwachsenen deuten kann: Warum kann um Himmels Willen nicht auch mal einer dieser verhöhnten grown ups mit dem Kopf gegen die Wand rennen und nach einem Ausweg schreien?

Gabriel singt auf dieser LP aggressiv wie nie zuvor, aber auch zerbrechlich voller Sensibilität. Die Musiker (außer Fripp noch Bayete und Roy Bittan an den Keyboards, Jerry Marotta an den Drums, Tony Levin am Baß, Larry Fast am Synthesizer, Sidney McGinnis an den Gitarren und Timmy Capello am Saxophon) liefern die perfekten Klangbilder. Das ist die erwachsene Rockmusik der späten 70er Jahre. Angst, Gewalt, Einsamkeit, Frustration, Klaustrophobie, Isolation, gesellschaftliche Zwangsjacken -Gabriel hat’s geschafft, dies alles auf zwei LP-Seiten deutlich werden zu lassen. Und die Londoner Agentur Hipgnosis brachte es fertig, dazu ein adäquates Cover zu gestalten: Gabriel zerkratzt seine Umwelt.

Zum Schluß noch etwas zu dem Versuch, auf der Innenhülle Gabriels Texte ins Deutsche zu übertragen: Es hilft allenfalls Leuten, die nicht genug Englisch verstehen, die grobe Tendenz der Textaussage zu begreifen. Darüberhinaus klingen sie in der vorliegenden Form allzu banal. Das Problem ist, daß man derart schwierige Lyrics nicht einfach per Langenscheid übersetzen kann. Das geht meistens – wie auch hier – auf Kosten der Feinheiten und führt zu Falschauslegungen. Ärgerlich ist, daß sich außerdem echte Fehler eingeschlichen haben. Also vergeßt den mißlungenen Übersetzungsversuch und konzentriert Euch auf das Original: Ihr tut Euch und Peter Gabriel einen Gefallen.