Prediger im Bild

Faszinierend: fotografischer Einblick in die Welt der Manics und ihres verschollenen Gitarristen Richey Edwards.

Fiebrig nervöse Blicke aus Kajal-verschmierten Augen, mit Cola zurechtgestylte Haare, skinny Jeans und die provozierend-poetische Musik der „mass heroes against class zeros“: Als Mitch Ikeda im Oktober 1992 im Auftrag von Sony Japan die Manic Street Preachers während ihrer ersten Japan-Tournee fotografierte (übrigens ohne ein Wort Englisch zu verstehen), ahnte wohl keiner der Beteiligten, dass sich daraus eine tiefe, bis heute andauernde Freundschaft entwickeln würde. Vielleicht hielt sich Ikeda auch nur an eine alte japanische Weisheit, die besagt: „Kontinuität hat eine eigene Kraft.“ Mit genau dieser Kontinuität verfolgte er die musikalischen wie privaten Höhen und Tiefen der Manics. Im Bildband forever delayed leuchten diese kleinen, mit persönlichen Statements von James Dean Bradfield, Nicky Wire und Sean Moore versehenen Kunstwerke auf 224 Seiten, vorwiegend in Schwarzweiß gehalten, designed von Mark Fellow, der auch sonst für das CD-Artwork der Band zuständig ist. Wie mit einem „All Areas „-Pass ausgestattet wandert Ikeda durch das Leben der Waliser, zeigt ihre unbändige Leidenschaft auf der Bühne, ihre seit Kindertagen bestehende, unerschütterliche Freundschaft, frustig-durchzechte Hotelnächte, Nicky Wires Hochzeit und seinen Tick für Dorothy-Perkins-Kleider und Staubsauger. Vor allem aber zeigt er Schlüsselmomente wie die erste Fotosession zum 93er-Album „Gold Against The Soul“, das erstaunlich erfolgreiche Jahr 1999, in dem die Manics zwei Brit Awards gewannen, das Treffen mit Fidel Castro und das anschließende erste Konzert einer internationalen Band in Kuba. Doch all das verblasst beinahe neben der fragilen Schönheit des seit 1995 verschwundenen Gitarristen und Poeten Richey Edwards, die Mitch Ikeda wie kein anderer einzufangen verstand; diesen schmerzvollen Blick aus großen, intelligenten Augen, die vielen, deutlich sichtbaren Narben seiner selbst zugefügten Schnittwunden – ein eindrückliches Mahnmal für einen großen Künstler, der unterwegs verloren ging. www.manics.co.uk