Primal Scream :: Screamadelica

Sony Music

Zwischen Indie und Acid House: Das bahnbrechende Designer-Drogen-Opus kommt zum 20-jährigen Jubiläum in unterschiedlich luxuriösen Ausgaben.

Nicht immer, aber doch sehr oft bewahrheitet sich: Pop-Geschichte wird nicht vom Erfinder geschrieben, sondern vom ersten konsequenten Nachahmer. Von Unmengen Zitaten und Querverweisen lebte die Musik Primal Screams seit 1982. Wirklich eigenständig kreiert haben Sänger Bobby Gillespie und Co. eigentlich nichts. Immerhin haben die Schotten beim obligatorischen Stil-Hopping von Album zu Album einen Meilenstein hinterlassen, der zum 20-jährigen Jubiläum in gleich mehreren Formaten neu aufliegt: Screamadelica passte 1991 wunderbar in den Zeitgeist aus Retro-Rock-Fieber, Rave-Ecstasy-Wahn und dem Remix-Eifer der DJs. Initiiert wurde das Werk eher unabsichtlich durch Primal Screams Indie-Rock-Song „I’m Losing More Than I’ll Ever Have“, dem Höhepunkt ihres zweiten Albums. DJ Andrew Weatherall fertigte vom letzten Drittel der Stones-Hommage einen fulminanten Remix an: Ein Italo-House-Drum-Loop spielt eine ebenso große Rolle wie ein gesampeltes Textfragment von Peter Fonda (“ … we wanna be free to do what we wanna do …“) aus Roger Cormans Biker-Movie „Wild Angels“ und Bobby Gillespies Impressionen von Robert Johnsons „Terraplane Blues“. Heraus kam ein gigantischer Tanzflächenfüller, der die zündende Idee zum Opus Magnum lieferte: Mindestens so avantgardistisch wie Cans Tago Mago und die Metal Box von Public Image Ltd. sollte Primal Screams LP Nummer drei werden, wie Gillespie in der Making-of-Doku aus der roten runden Luxusbox mit vier CDs, DVD, Doppel-Vinyl, Tour-T-Shirt, Buch, vier Kunstkarten sowie Plattenspieler-Slip-Mat spitzbübisch verrät. Eines kam zum anderen: Weitere Remixe von Primal-Scream-Singles („Come Together“, „Higher Than The Sun“ und „Dont Fight It, Feel It“) folgten ebenso wie die schwer psychedelische Coverversion von 13th Floor Elevators‘ „Slip Inside This House“, ursprünglich für eine Roky-Erickson-Tribut-LP eingespielt. Idealer Einstieg in das Designer-Drogen-Opus war eine Hymne im Southern-Rock-Gospel-Stil: „Movin‘ On Up“ – eine weitere Reminiszenz an die Rolling Stones, die eigens von deren Ex-Produzenten Jimmy Miller abgemischt wurde. Dazu kamen von The Orb, Hypnotone, Graham Massey und Terry Farley produzierte Sound-Spielereien zwischen Dub, Reggae, Jazz, Pop und Electronica – einmal umrühren, bitte und fertig ist der Instant-Ecstasy-Powerdrink, der nicht nur eine Generation in wahre Rauschzustände versetzte.