Rainer – Alpaca Lips
Körper sind sterblich, Musik nicht. Rainer Ptacek starb 1997 an einem Gehirntumor. Posthum erscheint jetzt ein „neues“ Album des Gitarristen und Sängers ausTucson, Arizona. ALPACA LIPS ist der Vorbote einer Trilogie, deren zweiter (ein weiteres Studioalbum) und dritter Teil (ein Livealbum) demnächst auch auf dem Glitterhouse-Label veröffentlicht werden sollen. ALPACA UPS wurde bereits 1996 aufgenommen. Dass die Dobro knarzt und klirrt, als wüsste sie um ihr späteres einsames Schicksal, dass die brüchige Stimme seufzt, brummelt und heult, als sähe sie in die Zukunft – alles Einbildung. Schließlich klang Rainer schon immer so. Oder ähnlich. Die eklektischen WORRIED SPIRITS (Solo von 1992), die rockigen TEXAS TAPES (mit Band von 1993) oder die verträumten NOCTURNES (Soloinstrumentals von 1995): Rainers Musik hat stets etwas von Weite, Einsamkeit und schweifenden Gedanken. Loops legen das Scheppern der Saiten und das Schlagen auf den Korpus ostinatisch unter die Akkorde und Slide-Melodien der Songs – Roots und Rost. Die ruppigen Blues- und spröden Folksongs sowie die mal epischen, mal skizzenhaften Intrumentals sind gefärbt von Howe Gelbs (der Giant Sand-Mann war eng mit Rainer befreundet) destruktivverspielter Schräglage. Die Coverversion von Stevie Wonders „Pastime Paradise“ ist das einzige Stück auf dem Album, bei dem die viel beschäftigte Calexico-Giant Sand-Rhythmusgruppe (John Convertino und Joey-Burns) mit dabei ist, ansonsten ist ALPACA LIPS ein reines Rainer-Soloalbum. Ein Mann und seine Dobro: Slide und Loops, Fingernägel und Fußstampfen. Das erinnert an Chris Whitleys Soloshows, doch was bei diesem eruptiv nach außen bricht, wendet sich bei Rainer eher nach innen. Oder eben ins Nirwana.
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