Rocket Juice & The Moon

Rocket Juice & The Moon

Honest Jon/Indigo VÖ: 30.3.

Supergruppen-Auftritt! Damon Albarn, Chili Pepper Flea und Drummer-Legende Tony Allen vertiefen sich in Musik aus Afrika und modernisieren sie.

Am Tag, als diese Zeilen geschrieben wurden, war Damon Albarn mal wieder beschäftigt. Die jährlichen BRIT Awards wurden vergeben und der Sänger, Produzent und Multi-Projektleiter sollte dabei nicht leer ausgehen. Blur spielten auf der Veranstaltung und erhielten die Auszeichnung für ihren außergewöhnlichen Beitrag zur Musik. Das kommt in Britannien der Aufnahme in die Rock And Roll Hall Of Fame gleich. Früher hätte Albarn nach so einer Ehrung einen draufgemacht, aber heute ist das nicht mehr die Regel.

Erstens ist Britpop nicht mehr, zweitens hat der Mann Familie und drittens zig andere Aktivitäten im Kopf. Er arbeitet mit Bobby Womack an dessen Comeback, sitzt an seiner zweiten Opernmusik unter dem Namen Doctor Dee und veröffentlicht auf dem von ihm mit gegründeten Label Honest Jons das erste Ergebnis einer schon länger köchelnden Zusammenarbeit mit Michael „Flea“ Balzary und Tony Allen. Auslöser dafür war ein Treffen der drei Ikonen im Jahr 2008. Sie spielten im Rahmen von Albarns loser Konzert­reihe Africa Express im nigerianischen Lagos. Eine weitere Zusammenarbeit nahm erst mit zwei Auftritten in Cork und London Ende vergangenen Jahres Gestalt an. Danach begann man mit den Aufnahmen. Wer nur die Namen der Beteiligten liest, kommt leicht auf die falschen Gedanken. Blur! Gorillaz! Red Hot Chili Peppers! Fela Kuti! The Good, The Bad & The Queen! Supergruppe! Aber man tut in diesem Fall gut daran, nichts zu dramatisieren. Die drei Musiker haben in

Albarns Londoner Studio zwei Monate lang konzentriert und basisdemokratisch Jam-Sessions abgehalten und dabei das Band laufen lassen. Ausgangspunkt waren die geschmeidigen Grooves von Tony Allen, denn alles sollte sich um Musik und Kultur aus Afrika drehen, ähnlich wie bei Albarns Mali-Exkursionen und bei seinem Projekt DRC Music. Flea klinkte sich ein, aber mit gebotener Zurückhaltung. Er musste hier nicht wie ein frisch aufgezogenes Duracell-Häschen durch die Tracks wüten und den Hollywood-Entertainer geben. Das hat ihm gut getan. In „Check Out“ hört man, wie er den Bass durch die Tiefen des Dub lotst. Er lässt sein Instrument locker und leicht bouncen, so als spiele er in Fela Kutis Band. In „Rotary Connection“ greift er zur Abwechslung zur Trompete. Albarn sitzt wahlweise am Piano oder entlockt den Keyboards eigenartig extraterrestrische Geräusche. Vereinzelt singt er auch. „Poison“ wird der Track sein, den sich Blur-Fans herunterladen werden. Die Melodie darin erinnert an die Ausflüge in den Orbit auf dem Blur-Album 13.

Rocket Juice & The Moon profitiert sehr davon, dass in vereinzelten Tracks Künstler von außen die Rolle der Aushängeschilder einnehmen, wie es in HipHop und R’n’B der Fall ist. Sie sorgen dafür, dass immer wieder andere Klangfarben ins Spiel kommen. In „Lolo“ und „Follow-Fashion“ treten gleich zwei Gäste in Erscheinung. Sängerin Fatoumata Diawara hat der malischen Musik mit ihrem Album Fatou zuletzt großartig Schwung verliehen und wechselt sich hier mit dem ghanaischen Rapper M.anifest ab, dessen Stimmlage sehr an Roots Manuva erinnert. Das macht einen bodenständigen Eindruck. Anders verhält es sich bei einer Zusammenarbeit mit Erykah Badu. Mit ihr begibt man sich automatisch in die unendlichen Weiten des Alls. An ihren spacigen Beitrag muss auch der Cover-Designer aus Lagos gedacht haben, als ihm zu diesem Album die Worte „Rocket Juice & The Moon“ eingefallen sind. Albarn, kein Freund langer Findungsprozesse, hat diesen Vorschlag sofort aufgegriffen und die Band danach benannt. Es passt durchaus. Das Debüt folgt nicht einfach der traditionellen Linie des Afrobeat. Albarn, Allen und Flea liefern auch die Grundlage für ein modernes interkontinentales Musikfest im 21. Jahrhundert. Diese Idee hätte ohne Frage auch einen Preis verdient. Aber es wird Albarn recht sein, wenn man die Angelegenheit nicht an die große Glocke hängt. Für ihn war es wichtig, dass alles sehr low key bleibt. Es ging einfach darum, mit Grooves ganz zwanglos für Be­wegung zu sorgen, und zwar in Körper und Geist. Nicht nur in diesem Punkt hat er ganze Arbeit geleistet. Key Tracks: „Poison“, „Follow-Fashion“, „Hey, Shooter“