Die mexikanische Latin-Rock-Gitarrenvirtuosen flirren zwischen Ekstase und Relaxtheit.

Die Karriere des mexikanischen Duos Rodrigo Sánchez und Gabriela Quintero kannte in den vergangenen Jahren nur eine Richtung: steil nach oben. Auftritt in der Hollywood Bowl und im Weißen Haus vor Obama, exzessive Touren, auf denen sie sich die Finger blutig spielten, eine Soundtrack-Arbeit mit Hans Zimmer zu „Fluch der Karibik: Fremde Gezeiten“, volle Hallen.

Nicht schlecht für ein Paar, das Mexiko als Thrash-Metaller arm entfloh, um in den Straßen von Barcelona und der späteren Wahlheimat Dublin sein Geld als Straßenmusiker mit Akustikgitarren zu verdienen. Dazu furiose Alben wie 11:11 (2009) und das irrwitzige Werk LIVE IN FRANCE, wo die zwei Griffbretthexer das Publikum an die Wand spielten. Nach oben wird die Luft bekanntlich dünner, und wo sollte da noch eine Steigerung stattfinden können?

Kein Wunder also, dass Rodrigo y Gabriela auf 9 DEAD ALIVE gar nicht erst versuchen, sich selber zu überholen. Die Platte entstand am Pazifischen Ozean in Ixtapa, wo die beiden lebten, in Bars spielten und so ihre Virtuosität steigerten und noch heute ein Studio besitzen. Wo sie Metal, Flamenco, Rock und Latin zu einem so noch nicht gehörten Cocktail vermixten. Die neun Songs der beiden Veganer, Tierschützer und kulturell sehr Interessierten sind Persönlichkeiten wie Dostojewski, Viktor Frankl und Gabriela Mistral gewidmet, viele von ihnen Nobelpreisträger und alle verstorben, deshalb auch der Plattentitel 9 DEAD ALIVE.

Der Blick aufs Meer scheint auch etliche Songs wie „Sunday Neurosis“ oder „Megalopolis“ beeinflusst zu haben, wie auch die räumliche (er neuerdings in Barcelona, sie in Mexiko) Trennung, denn so laid back klangen die beiden zuletzt nur auf dem in Havanna mit einem kubanischen Orchester eingespielten Album AREA 52. Es ist diese Spannung zwischen den rasanten Instrumentalstücken und den melodischen, teilweise balladesken, folkloristischen und sogar melancholischen Songs, die für eine außergewöhnliche Stimmung sorgt.