Roller Maniac. Mein Leben als Teen-Pop-Idol

Nein: die Musik ist ganz bestimmt nicht das, was den Bay City Rollers ihren Platz in der Popgeschichte verschafft hat (auch wenn besonders das I“.Spätwerk“ ein Wiederhören lohnt]. Sondern die Tatsache, dass sie Idie Beatles mal ausgenommen) als erste „Boygroup‘ die Formatvorlage für alles lieferten, was danach an New Kids, Backstreet Boys, Take Thats etc. aus den Labors und Fabriken heraushoppelte – nach wie vor sind die Schockwellen der Rollermania, die Mitte der 70er über alle Kontinente wütete, unübertroffen; dass es sich bei den fünf Mitgliedern der „klassischen“ Besetzung um (mindestens) passable Musiker handelte, die mehr als eine gewisse Erfahrung aufweisen konnten [und darum auch ihr Alter fälschen mussten], spielt da keine Rolle. Les McKeown war von ’73 bis ’78 [und irgendwie bis heutel die Stimme des (1968 gegründeten) Phänomens, und an seiner Autobiographie erstaunt, dass er keine 3.000 Seiten braucht, um all das zu erzählen: von der Kindheit in Edinburgh mit den aus Irland eingewanderten Eltern (der Vater taubstumm), einer fast tödlichen Krankheit, halbkriminellen Brüdern, schulischen Eskapaden [incl. Rauswurf wg. Fäkalien-Anschlag], Drecksjobs, Spelunken-Tingelei mit der Heavy-Rock-Band Threshold, den „großen‘ Jahren zwischen Weltruhm, Streitereien (die soweit gingen, dass Les die Hotelzimmer seiner Bandkollegen verwanzen ließ) und mörderischem Dauerstress, von pädophilen Managern, kaputten Figuren, Verbrechern, Wahnsinnigen, die die Band wie Fliegen umschwirrten, einer grandios verpatzten Solokarriere, verzweifelten Versuchen, wieder einen Fuß in die Tür zu kriegen (wobei auch Dieter Bohlen nicht fehlen darf), Abstürzen, Verhaftungen, Freundschaft, Liebe. Hass usf. Die zweite Überraschung ist die nüchterne, weitgehend uneitle, nur stellenweise von immer noch schwärender Wut und Enttäuschung befeuerte Art, wie McKeown das alles erzählt und die Akribie, mit der er recherchiert hat. Er ist (wer hätte es erwartet?! kein Literat, auch kein Intellektueller; aber Mühe, Engagement und Offenheit gleichen Flapsigkeiten und sprachliche Defizite aus und machen das Buch zu einer spannenden, rührenden, haarsträubend bizarren, aber auch lehrreichen Lektüre fürjeden, dersich für Popmusik interessiert (gerade wenn er mit Teenie-Pop und den Rollers nie etwas am Hut hatte).