Rufus Wainwright – Release The Stars :: Visionen von Pop

Von Seiten seiner Plattenfirma wird scheint’s Großes erwartet von Rufus Wainwright: An eines der wenigen Vorabexemplare von Release THE STARS zu kommen, ist so schwierig, dass man sich als Rezensent eher wie ein Sicherheitsrisiko fühlt in einer offenbar höchst erfolgversprechenden Vermarktungsstrategie. Den Gefallen gewinnträchtiger Vermarktbarkeit wird Rufus Wain-wright seinem Verkaufspersonal mit seinem fünften Album aber kaum cun. Wer sich die Vorgänger want One und want two einmal ernsthaft angehört hat, sollte wissen, dass hier ein Künstler am Werk ist, der zwar nach den Massen strebt, aber keine Konzessionen an die Geschmacksverflachung zu machen bereit ist. releasethe STARS bestätigt diese ehrenwerte Haltung, verwirklicht Wainwrights Drang nach kunstvoller Grandiosität vollständiger denn je und vollendet seine einzigartige Vision von Pop, die vollkommen aus der Zeit gefallen scheint. Verschwenderisch und opulent fängt es an mit dem weit ausholenden „Do I Disappoint You“, einem Wunderwerk aus Bläsern, Streichern und von Neil Tennant beigesteuerten Samples. „Going To A Town“ ist in seiner konzentrierten Leichfüßigkeit verblüffend schlüssig und pointiert. „Between My Legs“ beginnt als heiteres Elvis-Costello-Vehikel und mündet in ein glorioses Over-the-Top-Finale mit „Phantom der Oper“-Zitat und einer Spoken-Word-Passage der Schauspielerin Sian Phillips. RELEASE the stars erzählt vom Suchen nach einer Heimat, in der der rastlose Reisende Wainwright sich selbst wiederfindet, von der Enttäuschung über Amerika, von den Verheißungen des alten Europa mit all seinen traumatischen Geschichten, von Paris und von Berlin, wo das Album entstanden ist. Das erhabene Songdutzend ist in seinem zwanghaften Großartigkeitsstreben durch und durch künstlich, gleichzeitig aber berührend intim und offenherzig persönlich. Das Opernhafte, die Sehnsucht nach Sanssouci, nach Prunkund Pomp sind lediglich die ästhetische Form einer schonungslosen Selbstentäußerung. Das klingt nach dem alten Hollywood, ganz unironisch in seinem Gestus, aber hinter der Performance, hinter dem „Als ob“ wird ein Künstler sichtbar, der sich so vollständigpreisgibt, dass es schmerzhaft sein müsste, wenn es nicht so schön wäre. VÖ:25.5.

>» www.rufuswainwright.com