Ryuichi Sakamoto – Discord

„Trauer“, „Zorn“,“Gebet“ und „Erlösung“ nennen sich, ins Deutsche übersetzt,die vier Sätze von Ryuichi Sakamotos erster Symphonie. Wer nun an traditionelle Klassik denkt, ist bei Bertoluccis Soundtrack-Hauskomponisten („Der letzte Kaiser“, „Himmel über der Wüste“ u.a.) falsch gepolt, denn der Tokioter mit Wahlheimat New York ist vor allem an den Randbereichen und Zwischenräumen von Rock, moderner Klassik, HipHop und Dance interessiert. Um daraus dann doch noch zumindest eine Art von Symphonie zu basteln, mit eigenem Thema, unterteilt in vier Sätze und eine Grundmelodie. Es ist wohl diese gefährlich-aufregende Gratwanderung – und wie Ryuichi sie meistert -die aus DISCORD eine grandiose Angelegenheit machen. Man spürt, daß Sakamoto sich seinem Leitthema -der universellen Frage: „Was kann ich tun, um anderen Menschen zu helfen“-leidenschaftlich und allumfassend gestellt hat. Jegliche Emotion, von Ohnmacht bis hin zur Erlösung, wurde erkannt und entsprechend umgesetzt. Klar, daß DISCORD neben einfach nur ergreifend-schönen Harmonien auch jede Menge Lärm und Irrsinn enthält. Das sollte den Hörer jedoch nicht abhalten, sich auf diesen spannenden Mikrokosmos in seiner Gänze einzulassen. Es lohnt sich. Denn DISCORD ist wie der moralische Soundtrack in einer unmoralischen Welt – mit all ihrer Zerrissenheit und Zukunftsangst. Der letzte Track heißt „Erlösung“. Und wer bis dahin durchhält, darf eben auch darauf hoffen…