Ryuichi Sakamoto – Neo Geo :: Japan Trifft Die Welt

Der zweifelsohne talentierte japanische Keyboarder Sakamoto war in der Vergangenheit mit einem Mangel an gutem Geschmack geschlagen — zumindest von einer westlichen Pop-Perspektive aus gesehen. Auf seinen frühen Platten standen Avantgarde-Perlen gleich neben banalen Werbejingles und Kinderreimen. Der Mann brauchte eindeutig einen „Redakteur“. Bei Neo Geo nahm er sich den besten: Bill Laswell. Wie so oft bringt Laswell auch diesmal wieder die erstaunlichste Kombination an Musikern zusammen. Hätte ein Produzent vor einem Jahrzehnt ein Album gemacht, auf dem — wie bei Neo Geo — Iggy Pop, Bootsy Collins, Ex-Miles Davis-Schlagzeuger Tony Williams, Sly Dunbar und verschiedene japanische und chinesische Volksmusiker spielen, dann hätte man ihn wohl ins nächste Irrenhaus eingeliefert. Laswell indes beweist, daß die Abgründe zwischen den musikalischen Welten nicht so gravierend sind wie die Gemeinsamkeiten. Die unangenehmste Stelle auf dieser Platte ist Iggys‘ schnulziger Gesang auf „Risky“. Er klingt wie Iggy, der Bowie imitiert, der wiederum Iggy imitiert. Besser sind die japanischen Songs — vielleicht deshalb, weil wir den Text nicht verstehen. Laswell nahm die japanischen Sänger auf, um dann über einer Mauer von Schlagzeug, Percussion und Rhythmusgitarre (Eddie Martinez an der Gitarre — der Mann, der die ersten Run DMC-Platten bereicherte) Scratch-Effekte zu erzielen. Aber die Vielfältigkeit ist groß und keine Stimmung wird zu lange gehalten. „Before Long“ erinnert an Sakamotos Zusammenarbeit mit David Sylvian; „Free Trading“ hat hymnenmäßige Filmsoundtrack-Qualität; „Shogunade“ wäre auf Sly & Robbies‘ Rhythm Killers nicht fehl am Platz gewesen. Insgesamt: sehr gut.