Sandra – Zwischen Frust und Liebe
Diese LP zwänge zum Lachen, wenn sie nicht so gefährlich und hinterlistig wäre. Sandra kommt aus Köln, was ja nicht negativ sein muß, und ist ihrer Meinung nach ‚Vollblut-Rockmusiker‘. Angeblich singt Sandra über drei Oktaven, was zutrifft, sofern man alle verqueren Juchzereien auf dieser LP als willentliche Gesangsäußerungen versteht. Aber möglicherweise ist Sandra bloß irgendwie in diese Produktion hineingeraten, weil ihre sekundären Geschlechtsmerkmale auf dem Cover was hergeben: Typ ‚Amanda Lear‘ für lederbegeisterte Pseudoprogressive mit Hang zu hohen Wangenknochen, wobei sich auch musikalisch Amanda Lear gelegentlich vertreten läßt: Ein bißchen vermeintlich verruchter Disco, ein wenig Rock(?), manche Geigen und … na, auf dem Cover gibt’s noch ein Bild – Sandra mit zwei gelederten Herren, was wie Karneval wirkt (siehe Stichwort ‚Köln‘), aber wie gesagt, die Vermarkter dieser LP meinen das alles wohl ernst. Die beiden schlimmsten Beteiligten sind einmal der/ die Verfasser(in) des Firmen-Infos, wo was von ‚engagierten Texten (wo?) aus der Sicht einer Frau‘ gefaselt wird und man/frau darauf hinweist, es komme keine ‚verkrampfte ,Emanzen-Stimmung“ ‚ bei Sandra auf. Nun dürfte allerdings die verkrampfteste Emanzen-Stimmung, was immer das sein mag, immer noch tiefgehender sein als diese, extrem dümmliche Produktion. Doch das Allergrößte kommt ja noch: Die Texte aus der Sicht einer Frau(ü) stammen von einem Mann namens Alfred Limbach (!!!). Wie macht man solches? Ganz einfach: Indem man Progressiv-Emanzipiertes vorgaukelt und der Frau ein zeitgemäßes Image verpaßt. Effekt: Sandra will immer, findet außer bei ihrer Harley Davidson aber keinen, der so oft kann, wie Sandra will; ein kurzer Schlenker gegen Feminismus, eine rührende Story über einen allzu früh Verblichenen nach Art von „Frau im Spiegel“ (findet Soraya zum Schah zurück?), dazu ein Statement zur Abteibung sowie die penetrierende Forderung nach „1A Liebesqualität“ gleich „zu welchem Zeitpunkt wie oft in welchem Zeitabstand“ und… Aber glücklicherweise läßt der Texter Sandra gelegentlich singen, ein Bezwinger sei irgendwo doch ganz hübsch. Na also! Noch etwas: Das Firmeninfo hat recht – die LP ist ‚außergewöhnlich‘. Außergewöhnlich hinrissig! Empfehle Sandra und Freunden dringend einen Informationsbesuch im Frauenzentrum Geißelstraße in Köln 30. Zwechs Basis-Information!