Schräg Dahoam :: München, Circus Krone

Der Circus Krone ist die einzige größere Münchner Konzerthalle, die ein bisschen vom Flair britischer Popkultur (der frühen Jahre) versprüht – zumindest von außen; von innen ist er immer noch ein Circus. Hier waren einst die Beatles, die New York Dolls und AC/DC zu Gast, und hier versammelt sich auch die blumig benamte bajuwarische Schule der Neuzeit um ihn: den Goisern, König der schräg verlandlerten Pop-Musi. Broadlahn aus der Steiermark eröffnen den Abend, besingen ein „Saudirndl“, erinnern dabei aber freundlich an eine harmonisch bereinigte Version von Gentle Giant, würzen bayerisch-slawonischen Satzgesang mit gezähmtem Bo-Diddley-Beat und Prisen von Stubnmusi und bemühen sich dazwischen mit abgelesenen Witzigkeiten um Stimmung. Mit Erfolg: Das Publikum, das sich im großen Durchschnitt dem dritten Frühling nähert, ist rauschend angetan. Höhepunkt des Sets ist die unterhaltsame Vertonung einer musikalischen (und realen) Begegnung der Band Almrausch mit John Zorn, aber – eben, unterhaltsam: Broadlahn bleiben brav an der Oberfläche, nahe an der Persiflage, vermeiden Tiefe wie (echte) Schräge. Ähnlich lassen (mit Songtiteln wie „Hosentürl“) zunächst die Münchner BavaRio befürchten. Immerhin: Die Band hält mehr, als sie verspricht; ihr Samba rollt rhythmisch sehr tight, der Zwiefache sitzt verschmitzt. Mischen will sich beides nicht so recht, aber am besten sind BavaRio eh dann, wenn Leader Wolfgang Netzer seine Istanbul-Erfahrungen auspackt, die Band sehr einfühlsam arabelt und Percussionist Marcio Alves sich und seine Qualitäten am Bühnenrand demonstrieren darf. Da lauscht auch Herr Goisern selbst sehr angetan.

Und dann, nach gebührender Umbaupause, steht Hubert von Goisern droben im Licht,jodelt sich und seine höchst kompetente, aber etwas gesichtslose Band in die Aipin-Version einer namenlosen U2-Nummer hinein, cockert auch mal ein bißchen und etabliert so zunächst eine neue Form postmoderner, sehr imaginativer Sprachlosigkeit. Dann wird’s irdisch,die Geschichten alltäglich. Goisern läßt sich hineingleiten, schwimmt darin herum. Es schwimmt und gleitet überhaupt viel an diesem Abend; und weil es das insgesamt sehr geschickt tut, sind am Ende – nach einem großen Rundgang durchs Goisern-Werk – alle sehr zufrieden.

www.hubertvongoisern.com