Slut :: Die Dreigroschenoper Virgin/EMI

Die Skepsis war groß, als die ersten Pläne bekannt wurden, daß Slut auf Anfrage des Theaters Ingolstadt Bertold Brechts und Kurt Weills legendäre „Dreigroschenoper“ im Rahmen einer Neuinszenierung komplett neu vertonen wollten. Nach 22 ausverkauften Vorstellungen mit zum Teil extrem positiven Reaktionen entschloß sich die Band, einen Großteil der umgearbeiteten Songs unter der Regie von Tobias Levin im Studio aufzunehmen. Das Ergebnis hätte kaum besser ausfallen können. Vor allem wenn man sich vor Augen führt, was bei diesem durchaus waghalsigen Unternehmen alles hätte schief gehen können. Doch Slut erweist sich einmal mehr als Band, die sich keinen Fehltritt erlaubt. Ihre Versionen der in den letzten Jahrzehnten wohl ein paar tausend Mal von allen möglichen Künstlern und Bands immer wieder aufs Neue, von den unterschiedlichsten Standpunkten aus, interpretierten Songs klingen keine Sekunde aufgesetzt oder überambitioniert. Mit diesem Album verdeutlicht die Band, wie zeitlos Bertolt Brechts Lyrik und Kurt Weills Musik auch heute noch ist, vorausgesetzt, man weiß damit richtig umzugehen. Und das wissen Slut ganz genau. Ihre Fassungen des „Kanonen Song“ und der „Seeräuberjenny“ sind bemerkenswert klar strukturiert und frei von allen theatralischen Übertreibungen. Und darin liegt

auch die Stärke dieser Platte. Slut haben der Verlockung wiederstanden, sich dem übermächtigen Werk zu unterwerfen. Sie haben die dreigroschenoper fürsich noch einmal komplett neu entdeckt und nicht auf bereits vorhandene Interpretationen zurückgegriffen. Und so gibt es hier keinen billigen Chanson- oder Swing-Klamauk zu hören, sondern fünf Musiker, die mit erstaunlichem Einfühlungsvermögen und größtmöglicher Konzentration ein nach wie vor faszinierendes Werk gründlich von allem angesammelten Ballast befreien und, man möge die Formulierung verzeihen, wirklich für eine neue Generalion wieder entdecken. VÖ:30.6.