Straßenjungs – Dauerlutscher

Es ist soweit. Die unermüdlichen Wünschelrutengänger der heimischen Phonobranche haben sie endlich ausgespäht, jene teutonischen Rasierklingenfresser, deren Frustrationsgeheul genauso unverblühmt ist wie das der versautesten britischen Punk-Prototypen. Donnerwetter, habe ich zunächst gedacht, wie sie aus der schwarzen Rille heraus dem Heino ans Bein und dem Oetker in den Pudding pinkeln, Donnerwetter, dagegen ist Fritz Müller ja der geborene Disco-Kandidat, Udo L. ein zahnloser Schniegelmann und seine im Funk verbotenen Zweideutigkeiten das reinste Wort zum Sonntag. Aber dann hat mein großer Zeh langsam aufgehört, hoffnungsfroh im Takt zu wackeln, und als Alexander Adrett, Karl Kraftlos, Willi Anstand und Mario Nett ihr infernalisches Gitarrengeschepper zum glücklichen Ende gebracht hatten, war’s auf meinem Teller das erste und das letzte Mal gewesen.

Wenn jemand glaubt, mir 30 Minuten lang nichts, aber auch gar nichts anderes als seine Orgasmusschwierigkeiten in die Gehörgänge kotzen zu können, hat er sich halt geirrt. Gut, ich gebe gern zu: ich mag die Stranglers. Aber nur, weil ich in der glücklichen Lage bin, Hugh Cornwells sadosexistischen Text-Schwachsinn im Zweifel überhören zu können. Bei den Frankfurter Strassenjungs geht das nicht, und deren aufdringlicher Gossenjargon nervt. Nicht, weil jedes zweite Wort bumsen oder blasen oder ficken oder lutschen heißt – sollen sie doch, sie werden’s halt nötig haben. Was mich auf die Palme bringt, ist das faschistische Frauenbild, die diskrimierende Hosenlatz-Perspektive, die zu jeder Minute zum alleinigen Maßstab für menschliche Qualitäten verkommt. Textprobe: „Erzähl mir nicht dein Leben, ich will nicht länger reden/ ich will nur das eine zwischen deinen Beinen/ ich mach nicht auf Liebe, ich bin mehr für Triebe/ und wenn du die nicht hast/ dann hau ab./Deine Show kotzt mich an./He hau ab/oder laß mich ran.“

Erzähle mir keiner, das sei eine unheimlich fortschrittliche Sache zumindest deswegen, weil mit derlei Porno-Punk endlich der verklemmte Zensur-Mief aus deutschen Platten-Palästen gefegt würde. Weit gefehlt. Die exakte Kehrseite dieser Musik-Medaille gibt es schon lange. Es sind jene akustischen Sexualkrücken, die schwitzende Vatis und kreischende Muttis bei der Gartenparty so richtig aus ihrer Spießerhaut fahren lassen: Marke Lola und das Bumsheimer Sextett. Bisher habe ich ja darüber lachen können. Aber es ist mir vergangen. Die Straßenjungs haben diesen Markt auch für jugendliche Emotionskrüppel erschlossen.