Tangerine Dream :: Phaedra – Rubycon

Elektronik:Zwei Klassiker in Miniatur-Vinyl-Replik.

Dass der Prophet im eigenen Land nichts zählt, bewahrheitete sich auch für die Berliner Band Tangerine Dream. Zumindest am Anfang ihrer Karriere. Vier aufregend experimentelle Alben spielte Elektroniktüftler Edgar Froese mit wechselnden Mitgliedern von 1970 bis 1973 ein, erntete aber für entspannte Meditationen im Heimatland oftmals nur Hohn und Spott. Als zu esoterisch, ungenießbar und abgehoben kanzelte man hierzulande Meilensteine wie ELECTRONIC MEDITATION, ALPHA CENTAURI, ZEIT und atem ab. Erfolg zeichnete sich erst ab, als der 2004 verstorbene britische Radio-Musik-Papst John Peel begann, regelmäßig Auszüge aus den in Großbritannien bald wie Reliquien gehandelten Alben in seiner Late Show zu spielen. Auf Peels BBC-Playlist notierte atem 1973 als „Platte des Jahres“. Da hatte sich das Trio mit den Neuzugängen Chris Franke und Peter Baumann zumindest für eine gewisse Zeit stabilisiert. Flugs wurde Virgin-Chef Richard Branson auf Tangerine Dream aufmerksam. Dezember 1973 kam ein Vertrag zustande. Drei Monate später schon erschien das im Titel von der griechischen Mythologie sich ableitende Konzeptwerk phaedra 6 das die Entwicklungen der vergangenen Jahre bündelte und deutlich zugänglichere Kompositionen enthielt: Das Titelstück ist mit runden ^Minuten das längste, „Sequent C“ mit knapp drei Minuten das kürzeste. Schrilles, Schräges und Abgedrehtes wich einem fast schon klassischen Ansatz. PHAEDRA war ein Meilensteinalbum, es führte den Sequencer und damit die Rhythmisierung des Synthesizers in die elektronische Musik ein-von da an sollte nichts mehr so sein wie vorher. Das Album, das von den britischen Musikmagazinen über den grünen Klee gejubelt wurde, verkaufte auf Anhieb große Mengen, die Platz neun in den britischen Albencharts bescherten. Doch Baumann behagte die neue Richtung nicht, er stieg aus. Mit Michael Hoenig als Ersatz begaben sich Tangerine Dream auf Tour durch England, wo auch erste Skizzen zum Nachfolger rubycon 4 entstanden. Pünktlich zu den Studiosessions kehrte Baumann wieder zurück. Zwei jeweils fast 20-minütige Suiten, die als Titel den Namen jenes Flusses trugen, den Julius Caesar im Januar 49 v.Chr. überschritt und damit den römischen Bürgerkrieg auslöste, demonstrierten die erstaunlichen handwerklichen Fähigkeiten des Triumvirats. Filigranes Dröhnen und Wabern, das in England und Amerika seither Kultstatus genießt und gleich mehrmals in den vergangenen Jahren illegal von DJ-Freigeistern auf Club-Atmo remixt wurde.