The Akron Compilation
„Billy, get off the toilet/ be a singer“ (Tin Huey)
Akron ist eine Industriestadt im Staat Ohio. Gummi/Reifenindustrie. Im Prospekt steht: ‚Rubber Capital Of The World‘. Seitdem Devo mit ihrem motorischen Bubblegum über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt geworden sind, interessiert sich auch die Plattenindustrie für Akron.
Gummi stinkt. Der Geruch liegt über der Stadt. Die Promotion dieser Platte stinkt. Dieser Geruch liegt über der LP. Stiff Records hatte drei Devo-Singles herausgebracht und dachte: „Aus dieser Stadt muß doch noch mehr rauszuholen sein.“ Man erfand den Arkron-Sound, der nun als the next big thing‘ vermarktet wird. Stiff-Methode. Alles Lüge.
Doch nun zu dem, was wirklich da ist. Zehn Bands spielen l4 Songs, und das alles in einem rohen/dumpfen/plärrenden garage style. 1978 meets 1966/ 67. Einfachheit dominiert, als war die Zeit stehen geblieben. Das Album ist mit einem 4-Spur-Gerät aufgenommen. Dieser unsaubere Garagen-Sound ist erfrischend/vielfältig in seiner Einfachheit. Aufregend jedenfalls bei den meisten der hier vertretenden Gruppen. Die Musik-Stile sind sehr unterschiedlich – Rock’n’Roll/ Country/ Blues/ Jazz/ Psychedelic Rock/ Reggae. Liam Sternberg, Produzent und Songschreiber, dessen Mitarbeit die einzige Verbindung/Gemeinsamkeit zwischen dieser Vielfalt des Dargebotenen herstellt, sagt: „Was all diese Musik verbindet, ist die bewußte Ablehnung der ländlichen Szene“. Aber tut das nicht jeder wahre Rock’n’Roll? OK!
Das Album beginnt mit dem verzweifelten Versuch, diese Art Musik im Radio zu finden. Jemand kurbelt die Sender durch, doch schlägt ihm nur das bläh blah-Gewäsch der Top 40 entgegen. „Hotel California“. Schnitt. Pause zum Erholen. Dann geht’s in die Vollen. „When I Was Young“ und „I’m An Actress“ von Jane Aire & The Belvederes sind die Höhepunkte der Platte. Exzellente Pop Musik der Unter-Klasse. Im klassischen Stil der Shangri-Las(remember: „Leader Of The Pack“). Rachel Sweet liefert als zweite Frau in dieser Sammlung auch den zweiten Höhepunkt. Mit ihren 16 Jahren (die Jody Foster der Rock-Musik) schlägt sie Dolly Parton mit „Truckstop Queen“ und bringt eine lässige Calypso/ Reggae – Mischung in „Tourist Boys“. Tin Hueys „Chinese Circus“ ist mehrstimmige/dissonante Musik, formal straff organisiert – Jazz-Einflüsse von Robert Wyatt und Soft Machine werden deutlich. „Nova“ von den Bizarros erinnert an den ungeschliffenen wall-to-wall-sound der frühen Velvet Underground. Dies ist ein Kompliment! Captain Beefhearts „Clear Spot“ taucht beim Stück „Apu-Api“ von Chi Pig auf – Slide-Gitarre und Aufbau sind ähnlich. Eine quälende Kuriosität. Die Rubber City Rebeis spielen im gleichnamigen Song eingängigen Hard-Rock, der schnell langweilig wird. Uninteressant sind ebenfalls Sniper mit „Love Is Making Me Bleed“, „Mephistopheles Passion“ von idiots Convention und Terraplanes‘ „A Beer And A Cigarette“. Die Akron Compilation beschließt mit „Clones“ von den Waitresses, die noch mit zwei weiteren Blues-orientierten Songs vertreten sind: „The Comb“ und „Slide“. „Clones“ ist die spirituelle Essenz des Gesamtwerks und stellt die Are We Not Men-Theorie von Devo in den Schatten: “ …..
there are millions of them there are millions of we… Clooones – disposable men disposable men/ Clooones just thxow us away just throw us away/ we like it this way, we’re not men/ we’re just Cloones…“. Anmerkung: Clones sind Nachkommen, deren geschlechtliche Fortpflanzung im Labor bewerkstelligt wurde; sie sind entweder völlig identisch mit ihrer Mutter oder ihrem Vater; US-Wissenschaftlern ist solch ein angsterregendes „Kunststück“ bereits bei Mäusen gelungen.
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