The Boomtown Rats – Live At The Hammersmith Odeon, Summer’78
New Wave hieß das offiziell, was die Boomtown Rats Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger machten, eine neue Welle, die all das Alte hinwegspülen wollte. Mit mehr als einem Vierteljahrhundert Abstand sieht das allerdings ganz anders aus: die Fortsetzung des Rock’n’Roll mit etwas anderen Mitteln, oder platter gesagt: die Rolling Stones in gut, lebendig und ohne Jet-Set-Schlößchen in der Steueroase. Bob Geldof, dessen soziales Engagement sich damals vermutlich noch auf das Spendieren von Bier im engeren Freundeskreis beschränkte, ist 1978 ein dünner Mann mit großer Klappe, und wenn er die Harmonika bläst oder bei „Kicks‘ die befreundete Bläsergruppe Loströtet, dann klingt das tatsächlich irgendwie nach Rolling Stones. Nur eben wesentlich frischer und weniger kalkuliert. Der eine oder andere Song des ganz wunderbaren und damals brandneuen Albums A TONIC FOR THE TROOPS könnte zwar fast unter dem Punk-Label laufen, aber eben nur fast. Einige Songs der Boomtown Rats waren ziemlich komplex, andere eindeutig Pop, für Punk-Sektierer also die reine Blasphemie. A TONIC FOR THE TROOPS funktioniert im Prinzip auch heute noch, nur der typische, ein wenig zu glatte und flache Endsiebziger-Studiosound erinnert daran, daß seitdem eine Menge Zeit vergangen ist. Hört und sieht man hingegen die DVD LIVE AT THE HAMMERSMITH ODEON, SUMMER ’78. bestehen die Boomtown Rats den „test of time“ plötzlich fast ganz ohne Abstriche: Angejahrt klingt dieser Rock’n’Roll jedenfalls kaum, sondern ziemlich rotzig, angriffslustig und beinahe schon zeitlos.
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Turbonegro – The ResErection (Bitzcore)
Man stelle sich vor: Eine Band findet nach langen Jahren im musikalischen Niemandsland endlich ein großartiges Image und einen heißen Sound. Damit erspielt sie sich einen Namen, schließlich ziehen auch die Plattenverkäufe an, doch am Ende wird der Sänger heroinsüchtig und macht ihre ganze Arbeit zunichte. Genau das passierte Turbonegro. 1998 war Sänger Hank von Helvete fix und fertig, nach Jahren an der Nadel mußte er sich nach Nord-Norwegen in die Obhut seiner Großeltern begeben, um vom Stoff loszukommen und wieder zu Kräften zu gelangen. Vier Jahre lagen Turbonegro auf Eis, bevor das Sextett – ermuntert durch ihren Fanclub, die nimmermüde Turbojugend – ein triumphales Comeback feiern durfte. Aufstieg. Fall und erneuter Aufstieg von Hank und seinen leidgeprüften Kollegen sind Thema von THE RESERECTION, dem ersten Teil dieser Doppel-DVD. Die Dokumentation wurde vom norwegischen Fernsehen produziert, immer wieder fuhr ein TV-Team auf die Lofoten-lnsel, auf die von Helvete sich zurückgezogen hatte. Dort arbeitete er als Museumsführer und Radio-DJ, bis schließlich Basser Happy Tom einflog, um den Zustand des gefallenen Rockstars zu begutachten. Er stellte fest, daß Hank wieder genesen war und konnte verkünden, daß seine alten Mitstreiter ihm nach langen inneren Kämpfen vergeben hatten. Die zweite DVD zeigt die triumphale Comeback-Show von Turbonegro auf dem Quart Festival im norwegischen Hultsfred 2002, zu dem Turbojugend-Mitglieder aus aller Herren Länder angereist waren. Frenetisch feierten sie ihre verlorenen Söhne mit dem Homo-Image („Was ängstigt heterosexuelle Hard Rocker mehr als Schwule?“, begründen die provozierenden Rocker ihren Look). Nur selten läßt eine Band sich so tief in die Seele blicken, nur selten ist ein Rockstar bereit, sich am Tiefpunkt seines Leben filmen und interviewen zu lassen. Hinzu kommen eine Menge Extras, wie ein Besuch in der legendären Pizza-Bude von Pamparius, Ausschnitte vom Bizarre 2002 und rare Live-Mitschnitte aus der Prä-Helvete-Zeit. Ein sympathisches Dokument einer Band, die definitiv keinen Wert auf Distanz zum Publikum legt.
www.turbojugend.net
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