The Boomtown Rats – Sechs Re-Releases
Punks waren sie nicht wirklich, selbst zu Beginn ihrer knapp zehnjährigen Karriere nicht. Aber sie Legten los, als wären sie die Zukunft des Rock’n’Roll. Johnnie Fingers (keyb), Simon Crowe (dr), Gerry Cott (g), Pete Briquette (bg), Garry Roberts (g) und Bob Geldof (voc) waren viel zu gute Musiker, als daß ihnen die zwei Akkorde und anderthalb Rhythmen, die im Dunstkreis des Londoner 100 Club zu schnellem Ruhm reichten, genug gewesen wären. Sie machten reinsten Pop, mit Rock-Schlagseite, ein bißchen zickig, ein bißchen sentimental. Und gegen handfeste Hits hatten sie nichts einzuwenden. Soviel zur Ideologie. „Lookin‘ After No. 1“, die Debütsingle, ging ab wie die Feuerwehr und flirtete noch heftig mit dem Highspeed-Ansatz der Sicherheitsnadeln tragenden Konkurrenz. THE BOOMTOWN RATS (1977) bot neben kompakten Rocksongs auch R’n’B-Balladen wie „I Can Make It If You Can“ und die Springsteen-Hommage „Joey’s On The Street Again“. Ein Jahr später schon waren die Iren mit ihrem charismatischen Frontmann ganz oben. Das bitter-zornige „Rat Trap“ kletterte in England auf Platz eins, und A TONIC FOR THE TROOPS (1978) sorgte auch beim Pop-Publikum für Aufmerksamkeit. Musikalisch zogen die Rats nun alle Register, jonglierten geschmackssicher mit Reggae, Rock, Vaudeville und mit Fab-Four-Harmonien. All dies in atemberaubendem Tempo und trotzdem bemerkenswert homogen. Das im Herbst 1979 veröffentlichte THE FINE ART OF SURFACING fiel kaum ab, variierte die bewährte Formel auf hohem Niveau und warf mit „I Don’t Like Mondays“ einen Welthit ab. Geldofs getragene Meditation über den Amoklauf eines 13jährigen US-Teenagers vereinte journalistisches Songwriting und die musikalische Gewandtheit der Band. Spätestens jetzt reagierte die Kritik genervt, brachte das Wort von den „Abba des Punk“ ins Spiel und ließ die Rats fallen. Die allerdings hatten ihr Pulver auch verschossen, MONDO BONGO (1981) enttäuschte mit dünnen Songideen und einer Produktion, die ihr Heil in hohlem Pathos, modischen Gimmicks und einer Überdosis Phil Spector suchte. Gerry Cott nahm seinen Hut, und Geldof schwor die Restmannschaft auf einen Reggae-orientierteren Kurs ein. V DEEP (1982) jedoch klang schlapp und ließ die Qualitäten der ersten Alben vermissen. Die einst aufregenden Rock-Rabauken waren zur mäßigen Reggaeband verkommen. Umso überraschender, daß sie sich zwei Jahre später noch zum letzten Halali aufrafften. IN THE LONG GRASS (1985) bot mit Songs wie „Dave“ und „Drag Me Down“ zwar respektable Statements, klang aber insgesamt seltsam flach und müde. Bob Geldof hatte da längst Wichtigeres zu tun – „Live Aid“ stand vor der Tür, das Rattenrennen aber war vorbei. Die Alben wurden nun mit originalem Tracklisting, Bonustracks, Lyrics sowie lesenswerten Essays neu aufgelegt.
www.bobgeldof.com
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