The Colorist & Emilíana Torrini

The Colorist & Emilíana Torrini

Rough Trade

Wie zwei Belgier mit ihrem Orchester die Musik von Emilíana Torrini in neue Zusammenhänge entführen (und die Sängerin macht selbst mit).

Es muss wohl so gewesen sein, dass Emilíana Torrini ihre eigenen Songs nicht mehr wiedererkennen konnte. Das hatte nichts mit einem schwächelnden Erinnerungsvermögen zu tun, sondern mit den Adaptionen (wir suchen noch nach einem besseren Wort), die Aarich Jespers und Kobe Proesmans, bekannt als Musiker von Zita Swoon, Torrinis Liedern angedeihen ließen. Für die in Island geborene Sängerin fühlte sich dieser kleine Schock aber ganz hervorragend an, sie konnte in den Zusammenarbeiten mit dem achtköpfigen Orches­ter der Belgier auf ihrer musikalischen Karte Neuland entdecken.

Und so kam es nach Skype-Kontakt, Proben, Soundchecks und Konzert zur Aufzeichnung dieses Live-Albums. Torrinis Top-Hit „Jungle Drum“ taucht hier in einer Ultra-Swing-Version auf, „Caterpillar“ vom 2013er Album TOOKAH wird zum Sphärentrip. Es gibt auch zwei Neukompositionen: „Nightfall“, das Torrini mit Kid Koala schrieb, und das großartig ausgeleuchtete Chorstück „When We Dance“, das als Gemeinschaftskomposition mit Jespers und Proesmans entstand.

Das Colorist Orchestra, das unter anderem mit Bratsche, Bassklarinette, Glasschüssel, Steinen und selbst gebauten Instrumenten musiziert, leistet zwei Dinge im selben Moment: Es holt Torrinis Songs vom Pop-Himmel und trägt sie in neue Zusammenhänge, die nicht eindeutig zu lokalisieren sind. Ist das nun ein Stück traditionelle Orchestermusik, eine Art Maghreb-Jazz oder ein Spielplatz für neue Töne? Weil das durchgehend in der Schwebe bleibt und Torrini mit der sanften Emphase singt, mit der sie nun einmal singen kann, gelingt diesem Live-Album etwas in seiner Klasse sehr Seltenes: Es überrascht und erfreut vom ersten bis zum letzten Ton, es demonstriert eine wunderbare Verwandlung (das Wort wurde oben gesucht).