The Dead 60s – The Dead 60s :: The Living 80’s

Im Pop, der ja an an Phänomen nicht unbedingt arm ist, gibt es ein beliebtes Phänomen, das alle fünf bis zehn Jahre zu beobachten ist. Da wird bemängelt – vor allem von Anfangdreißigern, die gerade einem musikalischen Generationenwechsel zum Opfer gefallen sind -, daß „die“ Musik „heutzutage“ auch nicht mehr „das“ sei, was sie „früher“ einmal war. Gerne fällt dieses Phänomen zusammen mit einem anderen: dem geballten Auftreten von jungen Bands eines bestimmten „Genres“ (Punk 1977, Grunge 1990, Garagenrock 2001, Wave-Pop 2005). Während die einen das „Früher“ herbeisehnen, weil sie mit dem Heute nicht klarkommen, gibt es auch in der Hauptzielgruppe kritische Stimmen. Die ist durchaus schon mal überfordert vom massiven Auftreten neuer Bands. Was natürlich Blödsinn ist. Abgesehen davon, daß Franz Ferdinand, Bloc Party, Maximo Park und Kaiser Chiefs nur schwer unter ein Genre-Dach zu bringen sind, welcher Logik entspringt denn der Gedanke, daß vier Bands genug sind für ein „Genre“, und ab der fünften ist dann erstmal gut? Ein kleiner Tip für die Überforderten: Zuhören! Den Dead 60s zum Beispiel. Die Geschichte der Band aus Liverpool liest sich wie die ganz normale kleine Brit-Band-Erfolgs-und sich-wundern-müssen-Geschichte, eine Geschichte um Hypes und komische Veröffentlichungsstrategien: Vier- nur in England erschienene – Singles seit Mai 2004 („You’re Not The Law“, „Riot Radio“, „The Last Resort“, „Loaded Gun“), die von der britischen Presse in den Himmel gelobt werden. Ein Debütalbum zwischen Single drei und vier, das zunächst nur in Amerika erscheint und vier Monate später erst in Europa, weil der Manager der Band (ein Amerikaner) findet, daß das so sein muß. Die Musik der Dead 60s ist in erster Linie tighter Punk-Pop. Aber der tighte Punk-Pop, die Musik der weißen Underdogs, hat ähnlich wie bei The Clash, eine Ahnung von der Musik der schwarzen Underdogs: Reggae und Dub. Vier Stücke des Albums sind echte Dubs, mindestens zwei Dub-verwandt, und auch beim Rest ist Bassist Charlie Turner ganz gut beschäftigt – die gesammelten Single-B-Seiten-Dubs gibt es auf der zweiten CD der „Limited Edition“ des Albums. Sänger Matt McManamom klingt wie der junge Joe Strummer, und bei der Musik, diesem gehetzten, manischen, getriebenen Power-Pop, hören die Parallelen zu The Clash nicht auf. The Dead 60s sind neben Bloc Party die einzige Band des aktuellen 80s Revivals mit (sozial-)politischem Anspruch, der durch Sloganisierung der Songtitel („Too Much TV“, „You’re Not The Law“, „Control This“, „Riot Radio“) und mit seltsam genialen Banalitäten in den Texten („if takes titne to kill time“) umgesetzt wird. Jetzt gibt es drei Möglichkeiten: die fade Musik der Gegenwart bejammern, wegen der vielen neuen Bands ins Stöhnen geraten oder mit The Dead 60s eine großartige Platte bejubeln. Such dir eine aus! VÖ:26.9.

www.thedead60s.com