The Rolling Stones – Rip This Joint von Steve Appleford :: It’s Only Rock’n’Roll
Vieles weiß man längst. Schließlich gilt die Karriere der Rolling Stones als die wohl bestdokumentierte der Rockgeschichte. Trotzdem herrschte bislang in der Stones-Literatur ein auffälliger Mangel an Arbeiten, die sich seriös mit dem Werk der Band, seinen Entstehungsbedingungen und nicht zuletzt den Wurzeln befassen. Der renommierte US-Journalist Steve Appleford – er veröffentlichte u.a. in Rolling Stone, Los Angeles Times, Spin, Entertainment Weekly, bringt das Option Magazine heraus und gilt als intimer Kenner der Band – hat sich da schon vor einigen Jahren verdient gemacht. Sein Standardwerk „Its Only Rock’n’Roll“ erschien 1997 jedoch ausschließlich im englischen Original. Jetzt hat sich der kleine hessische Rockbuch-Verlag in Kosten gestürzt, Applefords Werk eine ordentliche, wenngleich gelegentlich, vor allem bei den Bildunterschriften, etwas holzschnittartige Übersetzung spendiert und das üppig bebilderte Buch für den deutschsprachigen Markt aufbereitet. Inhaltlich hält sich RIP THIS JOINT an die Plattenchronologie. Dankenswerterweise werden die britischen Originalveröffentlichungen und deren Tracklisting zugrunde gelegt. Die Livealben bleiben logischerweise außen vor, ebenso Compilations. Neben sämtlichen bislang veröffentlichten regulären Studioalben berucksichtigt Appleford allerdings auch die Outtakes-Sammlung „Metamorphosis‘ sowie diverse nie auf Alben erschienene Single-A- und B-Seiten. Jedem Album ist ein kompaktes Essay vorangestellt, das die jeweilige Situation der Band, die pop- und zeitgeschichtlichen Begleitumstände sowie die näheren Umstände der Produktion beleuchtet. Anschließend widmet sich Appleford den einzelnen Songs, plaudert locker und ohne professorale Schulmeisterei über Stärken und Schwächen der einzelnen Stücke, wird gelegentlich durchaus kritisch und hat überdies jede Menge Anekdoten zu bieten. So liest sich RIP THIS JOINT unterhaltsam und verabreicht neben einem detaillierten, schlüssigen Stones-Bild auch noch kompetenten Geschichtsunterricht in populärer Musik. Appleford weiß kompetent zu gewichten und einzuordnen, legt Einflüsse offen und nimmt die Lyrics unter die Lupe. Überdies würzt er seine Analysen mit O-Tönen aller Beteiligten.
RIP THIS JOINT erscheint im Großformat und besticht neben Applefords sachkundigen Anmerkungen auch durch exzellente Bildauswahl. Mehr als 130 Farbfotos illustrieren diese musikalische Chronik kongenial, eröffnen gelegentlich gar zusätzliche Perspektiven, etwa wenn man zum Kapitel über „Sweet Black Angel“ ein Bild der schwarzen Bürgerrechtlerin Angela Davis, die Jagger
seinerzeit zu dem Song inspirierte, betrachten kann. Fazit: spannende Lektüre – nicht nur für Stones-Freaks. Hier gilt tatsächlich mal: Wer hören will, muss lesen.
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