The Singles
Wer nur Hits kann und sonst nichts, tut sich halt leicht mit Single-Auskopplungen. „Fluorescent Adolescent“ (Domino/Rough Trade) ist die zweite Single aus dem Arctic Monkeys-Album Favorite Worst Nightmare – es hätte aber auch jeder andere Song desAlbums sein können. JEDER ANDERE SONG DES ALBUMS. Aber die Arctic Monkeys haben sich für diesen mit der twangenden 60er-Jahre-Gitarre und dem Ska-Appeal entschieden. Die Single gibt’s wieder in „allen“ Formaten: CD, 7-Inch. 10-Inch und mit allen möglichen Non-Album-Bonus-Tracks.
Kommen wir von den Arctic Monkeys zu den Arctic Monkeys. Wie jetzt? Da gibt’s noch eine neue Single, die aber nur für Leute giltet, die einen Plattenspieler besitzen, für die anderen giltet sie nicht. „Da Frame 2R/Matador“ (Domino/Rough Trade) ist quasi eine Weißmuster-7-Inch auf weißem Vinyl, das in einer weißen, bildlosen Papphülle mit Mittelloch steckt. Bei der A-Seite handelt es sich um einen Mid- bis Uptempo-Rocker, Monkeys-Style. Die B-Seite ist ein schleppendes, angepsychtes Surf-Ding, bei dem der Gesang erst dann einsetzt, wenn man längst nicht mehr daran glaubt. Die beiden Songs gab’s bisher nur auf der japanischen Ausgabe von Favourite Worst Nightmare, aber das wussten Sie sicher bereits.
Kommen wir von den Arctic Monkeys zu den Arctic Monkeys. Nein, nur ein kleines Späßchen. In Wirklichkeit kommt jetzt Drive-By Argument, und wir müssen sofort feststellen: Mit „Sex Lines Are Expansive Comedy“(LizardKing/RoughTrade) ist der Abend in der Indie-Disco wieder einmal gerettet. Schotten machen hektischen Designer-Disco-Rock. der im Remix „Demoralised By Stolen Sherbet“ auf den Mobile-Disco-Punkt kommt. „Dennistown’s ThatWay“ ist dann eine schleimige 80er-Jahre-Ballade mit Feargal-Sharkey-Gesang.
Merken Sie sich Brighton. Da kommt was auf uns zu. The Electric Soft Parade, die Brüder Tom und Alex White aus ebenda, sind ja schon seit ein paar Jahren zuständig für Pop in allen seinen Ausprägungen (Indie, Brit, cheesy), aber irgendwie hinterlassen sie bei Überdosierung einen faden Nachgeschmack. „If That’s The Case, Then I Don’t Know“ (Truck Records/Rough Trade) geht okay in seiner cheesy-Indie-Brit-Popness. Besser ist die B-Seite: das Cover des Sparks-Songs „Happy Hunting Ground“.
Fertig, los!, so verkündet die nette Dame von der Plattenfirma in dem persönlichen Anschreiben, das die Single „Sie ist in mich verliebt“ (Sony BMG) begleitet, sei meine „Lieblingsband“. Nur weil ich mich einmal – das Gehirn von lokal patriotisch induzierten Botenstoffen vernebelt – positiv zur ersten EP der Münchner Band geäußert hatte. Es gilt, was damals galt: In kleinen Dosen (also Song-oder Singles-weise) genossen, ist dieser unspektakuläre Indie-Pop ein Quell vorübergehender Freude, am Stück (Album-lang) gehört hingegen, kann das schon ein bisschen Verdruss verschaffen.
Es gibt ja ein paar unterschiedliche Methoden, um Wege aus der „Krise im HipHop“ zu finden. Die Firma aus Köln macht das auf ihrer Single „Glücksprinzip“ (LaCosa-Mia/SonyBMG)ganz geschickt, indem sie die HipHop-Elemente des Tracks herunterfährt. DerGesang hat nur noch rudimentär mit Rap zu tun. der Rest ist Pop. Purer Pop. Ob man mit Pop den HipHop „retten“ kann, ist eine andere Frage.
Dass der Autor den Wahl-Berliner Rap-Reggae-Soul-Alleskönner Mellow Mark immer mit Money Mark, dem Keyboarder der Beastie Boys, verwechselt, soll nicht Mellow Marks Problem sein, es soll niemandes Problem sein, nicht einmal das des chronischen Verwechslers. Wobei wir relativ übergangslos bei „Metropolis“ (Homeground/Cargo) wären, einem unspektakulären Song (im Sinne von Singer/Songwriter) ohne Rap und Soul (im Sinne von Soul). „Musikalisch gereift“ nennt man das dann wohl.
Verschiedene Pop-Theorien wollen die Gründe des relativen Erfolgs „des“ Moneybrother erkunden,dessen Name im Deutschen immer mit bestimmtem Artikel geschrieben werden muss. 1) ist Schwede 2) sieht gut aus 3) macht Bruce-Springsteen-Musik mit einer Prise Northern-Soul. auf die all die 15-jährigen Springsteen und Northern-Soul-Fans sehnsüchtigt gewartet haben. Die A-Seite der neuen (Major-)Single „Just Another Summer“ (Sony BMG) ist wieder so ein Holterdiepolter-ich-bin-ja-voll-euphorisch-drauf-Song mit diesem „Born To Run“-Drawl in der Stimme. Die B-Seite „Much Too Much“ hingegen eine gefühlige Ballade. Weil: Ein bisschen Romantik muss ja auch sein.
Unterschiede: Werden Unterschied zwischen England und Amerika, zwischen ernst gemeint und Disneyland erklärt haben möchte, sollte sich zuerst eine der beiden oben besprochenen Singles der Arctic Monkeys -oder gleich beide -anhören und danach sofort „I Was Right“(TVT/Edel) von New Years Day auflegen. Grauenerregender female-fronted Punk-Pop für Radio Energy und andere Sender von Klangtapetenmüll – hergestellt von einer Band aus Anaheim. Kalifornien, der Stadt, die den Amerikatouristen vor allem durch Disneyland bekannt sein dürfte.
Und jetzt doch noch etwas Gutes. Of Montreal sind ja seit ihrem bemerkenswerten Album Hissing Fauna, Are You The Destroyer? „bekannt“ für experimentelle, folknahe POPsongs mit beatlesken Arrangements und dunkelgrauen Texten. Die EP „Icons, Abstract Thee“ (Polyvynil/Cargo) besteht genau daraus: aus experimentellen, folknahen POPsongs mit beatlesken Arrangements und dunkelgrauen Texten – „Tonight I feel like I should destroy myself“, singt Kevins Barnes in „No Conclusion“zu einer Happy-go-lucky-Melodie. Und uns gefriert das Blut. Ein bisschen.
Huch, ganz unten in der Kiste noch eine Single vom Februar gefunden. Bisher ignoriert und unbesprochen. Peinlich ist das. Sehr peinlich. Aber jetzt: Shy Child sind zwei Typen „wie du und ich“ aus New York, die mit „Drop The Phone / Down On Yourself“ (Wall Of Sound/PIAS/RoughTrade) eine hübsche Indie-Elektro-Dancehall-Fusion zustandebringen, die hektisch vor sich hinfiepst und quackert mit einem Beat, der immer ein bisschen neben dem Beat liegt.
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