The Vines, Vision Valley

Der Himmel über der Indie-Rock-Welt zeigte ein helles Grau, als The Vines im Sommer 2002 mit ihrem Debüt HIGHLY EVOLVED eintraten. Grunge/Alternative Rock war nicht mehr und das vom Strokes-Debüt mitinitiierte Indie-/Garagen-Rock-Revival noch nicht richtig in Gang. So wurde HIGHLY EVOLVED, das postgrungige, garagenrockige, psychpoppige Debüt einer ehemaligen Nirvana-Cover-Band, im Zeitkontext wahrscheinlich folgerichtig als neue Rock-Sensation gefeiert. Wäre es drei Jahre später erschienen, hätte aus Gründen nachhaltiger Konkurrenz kein Hahn danach gekräht. WINNING DAYS von 2004 war dann – selbst nach Meinung von erklärten Vines-Fans eine Nur-noch-drei-gute-Songs-Katastrophe. nach der und den darauffolgenden krankheitsbedingten Auffälligkeiten von Sänger/Gitarrist Craig Nicholls (abgebrochene und abgesagte Konzerte, Vor- und Ausfälle auf der Bühne) keiner mehr einen Pfifferling auf die Band aus Sydney gegeben hätte, vision Valley, das Album, mit dem keiner mehr gerechnet hat, ist nicht das unerwartete Meisterwerk der Vines geworden, sondern positioniert sich in der Mitte zwischen dem guten Debüt und dem nicht so guten zweiten Album der Band. Der Nutzwert von Haudrauf-Rockern wie „Anysound“ und „Gross Out“ hängt wahrscheinlich sehr stark von der Örtlichkeit und dem Blutalkoholspiegel des Hörers ab – Tätigkeiten wie mit 3,5 Promille über die Tanzfläche stolpern kann man wahrscheinlich ganz gut dazu verrichten. Aber niemand, der seine Sinne beieinander hat, setzt sich zu Hause aufs Sofa und hört sich freiwillig einen hingerotzten, schlampigen Hard-Rocker wie „Fuck Yeh“ an. Aber The Vines haben die Fähigkeit, in ihrer Unergründlichkeit und Ungründlichkeit nachhaltig zu überraschen. Das tun sie mit Songs, in denen sieden Holzhammer in die Werkzeugkiste legen, dann, wenn es psychedelischer wird und wenn von „candy“ und „dope“ und solchen Sachen die Rede ist. Die 6os-poppige Single „Don’t Listen To The Radio“ wird ein Indie-Club-Hit werden, der Titelsong ist eine, ähem, himmlische, hymnische Ballade und das finale „Spaceship“ ein sechsminütiger fiebriger Ausflug in die Frühsiebziger-Psychedelia. Wir nehmen das zur Kenntnis und werden von einer Vision heimgesucht: Irgendwann wird es kommen, das richtig gute Vines-Album.

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