Thin Lizzy :: Vagabonds, Kings, Warriors, Angels

Die Essenz der irischen Hardrock-Vandalen, komprimiert auf vier CDs.The Boys are back.

Mit einem Novelty-Hit ungewohnten Zuschnitts katapultierten sich Thin Lizzy 1972 ins Bewusstsein des durchschnittlichen Pophörers. „Whiskey In The Jar“ hieß das Traditional – inhaltlich dem von Jimi Hendrix popularisierten „Hey Joe“ nicht unähnlich. Mit der Hendrix Experience wurden Thin Lizzy denn auch gerne verglichen. Das ließ sich in erster Linie auf Bassist und Sänger Phil Lynott zurückführen: Als Kreole im Afrolook. hautenger Kings Road-Couture und mit einer enigmatischen Persönlichkeit blieb der Vergleich unvermeidlich. Das hat dem Ex-Skid Row-Mitglied und seinen beiden Partnern, Gitarrist Eric Bell und Schlagzeuger Brian Downey, eigentlich mehr geschadet, als sie sich vor knapp dreißig Jahren selbst eingestehen mochten. War doch die musikalische Ausrichtung der frühen Lizzy eine ganz andere, wie jetzt eindrucksvoll mit dem 4-CD-Box-Set VAGABONDS, KINGS, WARRIORS, ANGELS belegt wird. Bei Raritäten wie der ersten, noch im Quartett mit Kurzzeit-Keyboarder Eric Wrexon eingespielten Single „The Farmer“ (1970 nur in Irland veröffentlicht), einem kompakten Auszug aus den beiden ersten Decca-Alben (THIN LIZZY, SHADES OF A BLUE ORPHANAGE) und der ’71er-EP „New Day“ wird die künstlerische Nähe zu Bob Dylans BASEMENT TAPES und Van Morrisons Meisterwerk ASTRAL WEEKS deutlich. Nach dem schon deutlich rockigeren VAGABONDS OF THE WESTERN WORLD (’73) und der Biker-Hymne „The Rocker“, der Beils überraschender Abgang folgte, wechselte das nun kurzzeitig mit Phils altem Skid Row-Kollegen Gary Moore [Single: „Little Darlin'“) aufgefüllte Trio allmählich die musikalische Ausrichtung. Das im November 1974 im neuen Line-up mit dem frisch geheuerten Gitarren-Gespann Scott Gorham und Brian Robertson eingespielte NIGHTLIFE geriet bis auf „Still In Love With You und „Showdown“ noch unausgewogen und zwiespältig. Mit den beiden wesentlich stromlinienförmiger angelegten Alben FIGHTING (’75) und JAILBREAK (’76) lieferte das nunmehr auf US-Stadionkurs schwenkende Quartett die stilistischen Blaupausen für sämtliche weitere Platten. Im Frühsommer 1976 gelang nach diversen exzellenten Singles („Philomena“, „Showdown“, „Wild One“) mit „The Boys Are Back In Town wieder ein Chartsrenner – diesmal sogar beiderseits des Atlantiks. Nichts schien die schwer saufende, ständig mit Groupie-Geschichten, Prügeleien und wachsendem Drogenkonsum für Skandale sorgende Truppe mehr stoppen zu können. JOHNNY THE FOX (’76) und BAD REPUTATION (’77) kopierten schamlos mit melodischen Ohrwürmern wie „Massacre“, „Johnny“ oder „Dancing In The Moonlight“ die straighte Songlinie des Bestsellers JAILBREAK. Getoppt wurde der nun massiv einsetzende Medienoverkill noch von dem Doppelalbum LIVE AND “ DANGEROUS.

Danach waren Thin Lizzy nicht mehr dieselben. Verfall und Fluktuation setzten ein -das Besetzungskarussell drehte sich rasend schnell. New Wave-Rock, obskure Stilexperimente und die Lynotts Tochter gewidmete Ballade „Sarah“ (mit dem damals noch unbekannten Huey Lewis an der Mundharmonika) kennzeichneten das Repertoire des letzten, einigermaßen akzeptablen Albums BLACK ROSE. Auf den letzten drei, stark Metalorientierten Lizzy-Alben (CHINATOWN, RENEGADE, THUNDER AND LIGHTNING) fanden sich zwischen mediokrem, pompös überarrangierten Materialauch passable Songs wie „Killer On The Loose“, „The Sun Goes Down“ oder „Thunder And Lightning“.

Das 4-CD-Box-Set im hochkantigen Buchformat schließt sinnigerweise mit der im November 1985 erschienenen, von Paul Hardcastle produzierten Lynott-5olosingle „19“ [hat nichts mit dessen gleichnamigem Dancefloor-Renner zu tun!). Zwei Monate später war das einstmals schillernde Multitalent Phil Lynott tot

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