Townes van Zandt – Texas Troubadour :: Folkpoesie

Erratisch nahm sich lange Zeit die Art und Weise aus, wie Ex-Gattin Jeanene mit dem Nachlass des in der Neujahrsnacht 1997 verstorbenen Townes van Zandt umging, entsprechend dubios geriet die posthume Veröffentlichungspolitik. Reihenweise erschienen Konzertmitschnitte aus den letzten Lebensjahren, als der Texaner, von Krankheit und den Folgen diverser Süchte gebeutelt, nur noch ein Schatten seiner selbst war: zitternd die Hände, zittrig die Stimme, obschon immer noch in der Lage, ein kleines, aber treues Publikum mit seinen Liedern und Geschichten zu Tränen zu rühren. Jetzt zeichnet sich Besserung ab. Vor kurzem erschien TEXAS RAIN, das erste von fünf Alben mit insgesamt 60 Neuaufnahmen seiner Songs: Townes in Duetten mit Emmylou Harris, Willie Nelson, Calvin Russell, Bob Dylan, Neil Young, Van Morrison und vielen anderen. Und ein weiterer Traum ist wahr geworden: Mit TEXAS TROUBADOUR liegt jetzt die lang ersehnte Box vor: alle sieben zwischen 1968 und 1978 erschienenen Studioalben plus acht Tracks von LIVE AT THE OLD QUARTER HOUSE (1973) auf vier CDs, dazu ein Booklet mit stimmungsvollen Fotos und kompetenten Linernotes. Gut viereinhalb Stunden dauert dieser unfassbar schöne, unsagbar traurige Trip, und am Ende weiß auch der Letzte, warum der Mann unter Amerikas Songwritern einzig in Bob Dylan seinesgleichen hatte. Seine in Country und Folk gegossenen Visionen – von Streichern, Band oder schlichtem Akustikgitarren-Picking begleitet – waren die eines Getriebenen, der das Glück stets hinter der nächsten Kurve, in der nächsten Stadt wähnte. Der litt und sich, wenn es ganz schlimm wurde, am liebsten die rechte Hand abgehackt hätte, um nicht mehr schreiben zu müssen – und damit doch nicht aufhören konnte. Hören Sie also den „Van Gogh der Lyrics“ (Billboard), der mal sagte: „Zwei Wörter können Poesie sein. Wenn man dazu eine Note auf der Gitarre spielt, hat man schon einen Song.“ Lieder wie seine gibt es heute nicht mehr.

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