Tyrannosaurus Rex/T. Rex – Neun Re-Releases :: Exaltiert
In Marc Bolans Werdegang wird seine Zeit mit Tyrannosaurus Rex gerne als Fußnote abgehandelt – als Work-In-Progress-Phase auf dem Weg zu Starruhm und Massenappeal, den T. Rex als erste Formation nach den Beatles einem durchweg jungen Publikum verdankten. Doch das von Bolan angeführte Underground-Duo mit dem monströsen Namen genoß in den drei Jahren seiner Existenz hohes Ansehen bei der Hippieklientel. Jener kam der nur 1,60 Meter kleine Londoner, der mit „Warlock Of Love“ 1969 einen selbst von der seriösen Kritik gewürdigten Cedichtband veröffentlichte, gerade recht: eine exzentrische Songwriter-Koryphäe mit Faible für fernöstliche Philosophien, klassische englische Literatur und selbstersonnene, versponnene Phantasiewelten. Durch kontinuierliches Touren wurden Tyrannosaurus Rex zu einem beliebten Underground-Acts. Doch die Zeit von Räucherstäbchen, halluzinogenen Drogen und politischer Aufbruchstimmung schien um 1970 erst mal vorbei. Als einem der wenigen Künstler gelang es Bolan, der ausgehenden Ära der Blumenkinder durch eine unvergleichliche künstlerische Metamorphose zu entsagen und sich als Clamrocker völlig neu zu definieren. Eine neun-CD-Edition legt jene Periode, die Bolans Übergang vom Underground-Poeten zum KingOf Glam meisterlich dokumentiert – leider etwas schlicht verpackt – in tontechnisch überarbeiteter Form neu auf: Mit dem in vier Tagen für knapp 400 Pfund eingespielten MY PEOPLE WERE FAIR AND HAD SKY IN THEIR HAIR… BUT NOW THEY’RE CONTENT TO WEAR STARS ON THEIR BROWS gelang im Juli 1968 dem 21jährigen Gitarristen und Sänger mit Partner Steve „Peregrine“ Took ein grundsolides Debüt. Von Producer Tony Visconti eigentümlich arrangierte Folkinspirierte Songs ebneten den Weg in den Club- und College-Zirkel. Band-Mentor John Peel rezitierte auf „Frowning Atahuallpa“ in perfektem Oxford-Englisch trocken Bolans vorgewisperte Poesie der versunkenen Inka-Zivilisation. Stilistisch tönte der nur knapp vier Monate später erschienene Nachfolger PROPHETS, SEERS & SAGES, THE ANGELS OF THE AGES ähnlich, die Soundimpressionen jedoch waren technisch deutlich verbessert. Von Talking African Drums angetriebene Up-Tempo-Songs („Conesuela“, „Salamanda Palaganda“) tönten in feinster Stereo-Qualität. Der erste Charthit „Debora“ erlebte mit tricky Rückwärtsloop („Deboraarobecr) ein drogeninspiriertes Remake, während „Stacey Grove“,“JuniperSuction“,“The Friends“ und“Eastern Spell“ Fantasy á la J.R.R.Tolkien. Zum Kontrastprogramm geriet im Mai 1969 UNICORN, das generell als zugänglichster Tyrannosaurus-Longplayer gilt. Marcs Gitarrentechnik machte Riesenfortschritte, Steve lieferte neben hervorragenden Bongoeinlagen auch fabelhaften Harmoniegesang, und Produzent Tony Visconti verband bei seinem neuen Produktionsstil die ungewöhnliche Kombination aus skurrilen Folkanleihen und Phil Spectors „Wall Of Sound“. Bolans bis dato beste Kompositionen kamen seiner späteren Hitformel schon ziemlich nah. Doch noch konnte sich ein größeres Publikum nicht so recht für sein Stimmvibrato erwärmen. Im März 1970 deutete sich dann eine Abkehr vom gewohnten Stil an: Der musikalisch eher mittelmäßige Mickey Finn ersetzte Drogenbruder Took. Bolan, bislang gewohnt im Duo Kompromisse einzugehen, betätigte bei A BEARD OF STARS erstmals kreativ das Ruder. Er nahm Gitarrenstunden bei Eric Clapton, reicherte das wie immer außergewöhnliche Songmaterial („Woodland Bop“, „By The Light Of The Magical Moon“) dezent mit Sounds aus dem Marshall-Amp und Wah-Wahs an. Mit dem schlicht T. REX benannten Album wurde die Namenskürzung aktenkundig, die Songstrukturen („Jewel“, „One Inch Rock“, „Is It Love“) zunehmend schlichter. Rückfälle in esoterische Zeiten („Root Of Star“, „The Wizard“) kontrastierten mit eigentümlichen Popnummern wie „Summer Deep“ oder „Beltane Walk“. Die fast schon trügerische Ruhe mündete im September 1971 mit dem im Quartett eingespielten ELECTRIC WARRIOR in knacktrockenen Rock. Über Nacht war Bolan mit Chart-Toppern wie „Ride A White Swan“ und „Hot Love“ der Aufstieg in die Oberliga gelungen. Fortan recycelte der nun in Samt und Satin umherstolzierende Britenexport abgekupferte Riffs der goldenen Ära des Rock ’n‘ Roll in sexgetriebenen Cock-Rock („Jeepster“, „Get It On“) um und unterlegte ihn mit den Falsetto-Stimmen von Marc Volman und Howard Kaylan (Ex-Turtles). Doch mit dem Erfolg begann der Ausverkauf: Die von Bolan 1971 verlassene Plattenfirma Fly warf kurz nacheinander die Sampler THE BEST OF T. REX und BOLAN BOOGIE mit beträchtlichem Erfolg auf den Markt. Beide offerieren nicht nur einen passablen Repertoire-Überblick, sondern gleich acht nur als Singles erhältliche bzw. unveröffentlichte Tracks (u.a. „Summertime Blues“). Als 1981, drei Jahre nach Bolans tragischem Unfalltod, schließlich mit ACROSS THE AIRWAVES der erste Teil des BBC-Nachlasses erschien, taumelten die Bolan-Aficionados vor Freude über den gehobenen Schatz. Doch mittlerweile kann man die an sich gelungene Kollektion getrost mit zwei weitaus umfangreicheren Kopplungen von New Millenium ersetzen.
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