Warcraft :: Regie: Duncan Jones

Sympathischer Fanservice, der die Regeln des modernen Kinos außer Acht lässt.

Am Schluss bleibt einem fast nichts anderes übrig als Mitleid zu haben: Nicht nur, weil auf beiden Seiten einer großen Schlacht herbe Verluste zu beklagen, sowohl bei Orcs als auch bei Menschen charismatische Anführer zu begraben sind. Das Mitleid gebührt auch Regisseur Duncan Jones und allen Beteiligten an „Warcraft“. Es kann nämlich gut sein, dass die vergangenen zwei Stunden aller Mühen zum Trotz vielleicht nicht ausreichen, um aus „Warcraft“ das nächste große Fantasy-Franchise mit mehreren Fortsetzungen zu machen. Und das ist hier ganz offensichtlich der Plan.

Dabei wurde bei der Leinwandadaption der Spielereihe vieles richtig gemacht: Duncan Jones hat die bei Gamern seit Jahren beliebte Welt Azeroth trotz einiger absurder Designs geschickt auf die Leinwand übertragen und innerhalb von zwei Stunden fast allen Figuren vernünftige Charakterentwicklungen spendiert – zumindest im Ansatz. Schlichtweg albern aussehende Zauberer (Ben Schnetzer als Khadgar), Ritter in Rüstungen, die so kein vernünftiger Mensch schmieden würde (Travis Fimmel als Anduin Lothar) und grüne Berserker (Toby Kebbell als Durotan) werden in „Warcraft“ in kürzester Zeit zu einer Schicksalsgemeinschaft, für die man sich als Zuschauer selbst dann interessieren kann, wenn man keine fünf Lebensjahre auf den „World of Warcraft“-Servern verloren hat.

Zumal die Story nicht aus dem Online-Rollenspiel, sondern dem 2002 erschienenen Aufbau- und Strategiespiel „Warcraft III“ entliehen ist: Die Orcs, ein Volk, deren Heimat zerstört wurde, dringen aus Gründen der Selbsterhaltung durch ein magisches Portal in die Welt der Menschen ein. Als Flüchtlinge sozusagen, und wer mag, kann aus „Warcraft“ aktuelle Bezüge über ein umziehendes Volk herauslesen. Man kann es aber auch lassen, da die Handlung des Films schon seit Jahren in Stein gemeißelt ist. Und sich obendrein nicht in politische oder soziale Feinheiten ergießt. Zwar wird paktiert, betrogen, vertraut und verraten. Aber im Grunde läuft in „Warcraft“ alles auf Schlachtszenen knapp unter der „FSK 16“-Grenze hinaus.

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Dass „Warcraft“ dabei nicht in stumpfes Gekeile verfällt, liegt an dem Clou, der das Franchise seit jeher am Leben hält: Duncan Jones beleuchtet wie in der Videospielvorlage nicht nur die Menschen, sondern portraitiert auch die Invasoren, die Orcs. Der Regisseur ist klug genug, seinen Blockbuster mit dem Krieger Durotan zu beginnen. Zu zeigen, wie er neben seiner schwangeren Frau liegt, ein paar Witze macht, liebt. Und zack: Schon mag man als Zuschauer auch die vermeintlichen Bestien und kann sich auf später folgende moralische Spielereien einlassen.

Da sich alle menschlichen Charaktere in „Warcraft“ ab der Hälfte des Films als unverschämt eindimensional entpuppen und die wohl als besonders spektakulär eingeplanten Zauberer mit jedem Spezialeffekt clownesker daherkommen, bleibt es auch tatsächlich an den Orcs hängen, den Film über die Zeit zu retten. Was ironischerweise auch besonders gut passt, da das Volk die gleichen Eigenschaften teilt wie der gesamte Film: Sie sind im Grunde herzensgut und sympathisch, stellen sich oftmals aber ziemlich dümmlich an.

Was sich bei den Orcs in verlustreichen Kämpfen äußert, die sie nur zur Rettung ihrer Liebsten anzetteln, macht sich bei Duncan Jones Regie insofern bemerkbar, dass er viel zu viel Zeit auf Anspielungen und Details aus der spürbar von ihm geliebten Videospielvorlage verschwendet. Und dabei zeitweise wichtige Regeln des modernen Kinos vergisst. Zu viele schwerwiegende Entscheidungen und Motivationen der Figuren werden überhaupt nicht erklärt, einige Szenen erscheinen sinnfrei, während an anderer Stelle etwas mehr Erklärung wünschenswert wäre. Obendrein wirken einzelne Action-Sequenzen so sehr wie ein Videospiel, dass sie auf der Leinwand eigentlich nichts verloren hätten.

Vor einigen Jahren hätte alles, was „Warcraft“ zu bieten hat, wahrscheinlich dennoch für Jubelschreie gesorgt und auch Stofffremde in Massen in die Kinos gelockt. Aber der an Millionen Computern entstandene Hype um die Welt Azeroth, der zeitweise auch in Nachrichtensendungen und sonst wo aufgegriffen wurde, der „Warcraft“ einmal zum popkulturellen Phänomen gemacht hat, ist schon längst wieder vorbei. Duncan Jones kommt mit seinem Film schlichtweg zu spät. Und das ist schlichtweg mitleidserregend.

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